Ausgabe: 2005/27, Wirth, Himmel, Gotteslob, Herr, deine Güte reicht so weit der Himmel ist
07.07.2005 - P. Nathanael Wirth, Propstei St. Gerold in Vorarlberg.
„Herr, deine Güte reicht so weit der Himmel ist, und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen.“ (GL 301) Der Dichter Gellert übernimmt die Worte des 36. Psalms und lässt sie durch Ludwig van Beethoven vertonen. Sein berührendes Lied nimmt obigen Kehrvers auf: „Gott, deine Güte reicht so weit die Wolken gehen, du krönst uns mit Barmherzigkeit und eilst uns beizustehen. Herr, meine Burg, mein Fels, mein Hort, vernimm mein Flehn, merk auf mein Wort, denn ich will vor dir beten, denn ich will vor dir beten.“
Das Altarbild von St. Gerold spricht von dieser Güte Gottes. Gott spricht sein Wort und schenkt es unserer Welt. Im Schoß Mariens nimmt es menschliche Gestalt an. Jesus, in der Mitte des Bildes, das unsere Welt bedeutet, hat unter uns gewohnt und ging Wohltaten spendend über diese Erde. Im Abendmahl schenkt er sich den Hungernden und Dürstenden. Am Ende der Zeiten erscheint Christus auf den Wolken des Himmels und führt die Menschheit zu Gott zurück. Die gelbe Ockerfarbe ist in den vier Gestalten Zeichen für Christus. Alles ist Geschenk, alles ist Gnade. Die Welt ist voller Wunder. Gottesgüte ist grundlos, immer geschenkt. Menschliche Aufgabe ist, Gottes Geschenk zu erkennen, und im Herzen zu verdanken. Nichts ist selbstverständlich. Ohne unser Zutun wird uns alles geschenkt. Der gläubige Mensch weiß zutiefst, Gott gibt immer, was wir brauchen. Aber auch da gilt das Wort: „Gotteswege sind nicht Menschenwege.“ Dankbarkeit macht unser Leben lebendig, es heißt wach werden und Freude im Herzen erfahren. Vom Leben in Fülle hat Jesus gesprochen. In der Dankbarkeit erfahren wir diese Fülle. Beethoven schließt das Lied. „Ich will vor dir beten, ich will vor dir beten.“ Dabei senkt sich Schritt für Schritt der Ton, bis er die Tiefe erreicht und damit die Demut meint, in die Dankbarkeit mündet. Der Beter erahnt es: es kommt nicht auf Gebete an, sondern auf das Gebet, das eine immerwährende Haltung des Herzens meint. Das bedeutete das Wort der alten Mönche vom „Wandel in Gottesgegenwart“. Ja, unser Herz weitet sich beim Kehrvers: „Herr, deine Güte reicht so weit der Himmel ist.“