Schwimmen muss man können, wenn man den festen Boden verlässt und sich auf den See hinauswagt. Die meisten Leute können es. Es erscheint nahezu als eine selbstverständliche Fähigkeit. Neugeborene halten sich von Natur aus über Wasser, sagt man, nur verlernen sie es bald wieder.
Unsere Zeit gleicht eher dem bewegten Meer als dem Festland. Alles beständig im Wandel. Fixpunkte sind rar. Wo der Boden unter den Füßen ins Schwimmen gerät, muss man selbst schwimmen können. Beunruhigend ist das für Menschen, die nur auf dem Festen zurechtkommen: mit fixen Standpunkten, felsenfesten Überzeugungen, unumstößlichen Prinzipien. Manche suchen Kirchen auf, weil sie gerade in diesen einen Ankerplatz vermuten. Fest. Unverrückbar. Aber auch Kirche und Glaube gleichen mehr dem nassen Element als dem Festland. Vielleicht sollten Kirchen so etwas wie Schwimmkurse im Glauben anbieten, damit man mit dem Beweglichen besser zurechtkäme – und lernt, wie man sich über Wasser hält. Schwimmen ist anstrengend. Das schon. Aber es gibt kaum einen Menschen, dem es nicht ein Vergnügen wäre. Und auch das ist eine erstaunliche Erfahrung derer, die den Kopfsprung wagen: Auch Wasser trägt.