Am 20. Juni war Weltflüchtlingstag. Die Journalistin Corinna Milborn hat monate- lang unter Flüchtlingen und Migranten gelebt und ihnen in ihrem neuen Buch (s. Tipp) Gesichter und Namen gegeben.
HANS BAUMGARTNER
Vor zehn Jahren lebte die geborene Innsbruckerin Corinna Milborn (34) völlig von der Außenwelt abgeschnitten in mehreren Maya-Dörfern in den Bergen Guatemalas. Sie war dorthin während des Bürgerkrieges als Menschenrechtsbeobachterin gegangen. „Ab dieser Zeit sind keine Bomben mehr gefallen“, sagt sie. Das Leben mit den Dorfbewohnern war für sie eine einmalige, prägende Erfahrung.
Hinschauen. Nach ihrer Rückkehr beendete Milborn ihr Studium (Geschichte, Politikwissenschaft, Entwicklungspolitik), arbeitete vier Jahre beim WWF und anschließend als Journalistin bei „Format“ und bei der Menschenrechtszeitschrift „liga“. „Wenn man sich in Europa mit Menschenrechten beschäftigt, dann stößt man immer wieder auf die Flüchtlings- und Migrationsproblematik“, betont Milborn. Nach den Bombenanschlägen in London entdeckte sie bei ihren Recherchen, dass es dort unter Jugendlichen starke islamistische Gruppen gibt. Dann kamen der Sturm verzweifelter afrikanischer Flüchtlinge auf den Grenzzaun in Ceuta (Spanien/Marokko) und die Aufstände in Paris. Milborn machte sich daraufhin auf den Weg, lebte unter Flüchtlingen in Marokko und illegalen Arbeitern in Spanien, nahm Kontakt zu Schleppern auf und ging in die Pariser und Londoner Vorstädte. Was sie sah und was ihr die Menschen erzählten, ging oft an die Grenze des Erträglichen. Ihr Buch ist ein eindringlicher Appell der Betroffenen an Europa, endlich den wahren Problemen ins Gesicht zu schauen.
Corinna Milborn: „Ich bin so erzogen worden, dass jeder Mensch gleich viel wert ist und die gleichen Rechte hat. Das treibt mich an, dorthinzuschauen, wo Ungerechtigkeit herrscht, vor allem, wo sie von den Scheinwerfern der Weltöffentlichkeit kaum beleuchtet wird.“
Buchtipp: Gestürmte Festung Europa, Styria-Verlag, 2006, 19,90 Euro