Sich selbst und seine Familie ernähren zu können, ist eines der menschlichen Grundbedürfnisse, in Österreich genauso wie im Kongo. Dort begleitet die Caritas OÖ ein Landwirtschaftsprojekt. Was das für die Dorfbewohnerinnen bedeutet, haben sie Andrea Fellner erzählt.
Ausgabe: 2016/30, Saatgut, Andrea Fellner, Kongo, Caritas OÖ,
26.07.2016 - Christine Grüll
Das Leben der Witwe Honorine Bamanisa hat sich verändert. Mit Gemüse von ihrem eigenen Feld konnte sie bisher sich und ihre fünf Kinder ernähren. Drei von ihnen konnten in die Schule gehen. Für die beiden jüngeren hat das Geld nicht gereicht. Durch die Caritas konnte Honorine Bamanisa das Feld mit einem Traktor bearbeiten. Sie hat gelernt, das Gemüse mit Naturdünger anzubauen und natürliche Insektizide zu verwenden. Der Ertrag ist größer geworden. Das Einkommen ist gestiegen. Nun können auch die zwei jüngeren Kinder schreiben und lesen lernen.
Besseres Saatgut, bessere Ernte
„Die Kinder hätten Gemüse am Straßenrand verkaufen müssen. Jetzt haben sie die Chance, vielleicht sogar einmal studieren zu können“, sagt Andrea Fellner. Tief berührt erzählt sie im Linzer Caritas-Büro von ihrem Besuch in Honorines Dorf Nkundi. Es liegt im Westen der Demokratischen Republik Kongo. Dort betreibt die Caritas ein Landwirtschaftsprojekt für 1.000 Familien. Seit sechs Jahren kommt Andrea Fellner immer wieder in die Region Luozi. Gemeinsam mit dem einheimischen Projekt-Koordinator fährt sie stundenlang auf schlechten Straßen zu den Dörfern. Dann versammeln sich Männer, Frauen und Kinder, um von ihren Problemen und Erfolgen zu berichten. Dabei wird viel gelacht. Denn die Menschen im Dorf kennen die einheimischen Caritas-Mitarbeiterinnen und -mitarbeiter gut. Von ihnen bekommen sie Werkzeug, Saatgut und können Traktoren ausleihen, die vor allem den Frauen die Arbeit erleichtern. Feldarbeit, Haushalt, Kinder- und Altenpflege sind Frauensache. Auch das beschwerliche Wasser Holen. 25 Liter umfassen die Kanister, mit denen Frauen und Mädchen oft weite Wege zurücklegen müssen. Andrea Fellner hat einmal erlebt, wie die Caritas einen Brunnen gebohrt hat. Nur ein Wasserhahn für ein ganzes Dorf, und trotzdem ein Schritt hin zu einem besseren Leben. Die Alphabetisierung ist ein weiterer Schritt.
Frauen lernen lesen
„Beim Start des Landwirtschaftsprojektes wird in jeder Bauernvereinigung ein Vorstand gewählt. Unsere Bedingung ist, dass auch Frauen vertreten sind. Das war aber kaum umsetzbar, weil sich keine Frau fand, die schreiben und lesen konnte“, sagt Andrea Fellner. Deshalb geht das Landwirtschaftsprojekt einher mit Alphabetisierungskursen für Frauen. Hier lernen sie auch landwirtschaftliches Rechnen. Das bringt Vorteile auf dem Markt, wo sie sonst von Käufern und Verkäufern leicht übervorteilt werden können. Die Frauen geben ihr Wissen an ihre Männer und Kinder weiter. Außerdem unterstützt das Caritas-Projekt kleine Organisationen von Bauern und Bäuerinnen und Dorfentwicklungsausschüsse. Das alles soll dazu führen, dass die Menschen in der, vom riesigen Kongofluss abgegrenzten Region selbstbestimmt leben können. Die Beziehung zwischen Caritas Oberösterreich und der kongolesischen Caritas in Matadi, der Hauptstadt der Region, spielt dabei eine wesentliche Rolle.
Auf Augenhöhe
„Wir arbeiten mit den Caritas-Leuten vor Ort partnerschaftlich zusammen, aber trotzdem übe ich eine Kontrollfunktion aus“, erklärt Andrea Fellner ihre Aufgabe. Als Projektverantwortliche muss sie wissen, wie und wo die Spenden eingesetzt werden und ob sie nachhaltige Erfolge erzielen. Trotzdem will sie nicht als bevormundende Europäerin auftreten. Das kommt bei den afrikanischen Partnerinnen und Partnern gut an. ‚Du setzt dich mit uns an einen Tisch, nimmst Strapazen auf dich und fährst mit uns ins letzte Dorf. Das ist nicht selbstverständlich‘, hat ein Projektleiter vor Kurzem zu Andrea Fellner gesagt.
Stolz auf die Österreicher/innen
„Es braucht wenig, um viel zu bewirken“, meint Andrea Fellner. Es macht sie stolz, dass so viele Österreicherinnen und Österreicher mit ihren Spenden an Menschen in anderen Ländern denken, obwohl sie noch nie dort gewesen sind. Sie selbst empfindet die Besuche in den Dörfern als Geschenk. Das Landwirtschaftsprojekt dauert drei Jahre, dann wird es wieder verlängert. Es wird Erfolge aufweisen wie das Projekt für beeinträchtigte Kinder im Kongo, das Andrea Fellner ebenfalls betreut hat. Ein Kind konnte nicht gehen und wurde wegen seiner Behinderung im Haus versteckt. Mit Caritas-Spenden wurde es operiert. Bei Andrea Fellners nächstem Besuch ist es an ihr vorbeigelaufen.
KiZ-Leser/innen-Aktion
„Zukunft ohne Hunger“
„Zukunft ohne Hunger“ ist das Caritas-Programm, das die Ernährung der Menschen in Afrika sichern soll. Die Caritas OÖ hat dazu u.a. im Oktober 2015 ein umfassendes Landwirtschaftsprojekt in der Demokratischen Republik Kongo initiiert. Damit wird die Ernährung von armen und kinderreichen Familien, besonders von alleinerziehenden Frauen, in 20 Dörfern in der westlich gelegenen Region Luozi gesichert. Das umfasst nachhaltigen Obst- und Gemüseanbau und Tierzucht, Bildung für Frauen, Jugendliche und Kinder, die Gründung und Unterstützung von Kleinbäuer/innen-Organisationen und Dorfentwicklungsausschüssen. Begleitmaßnahmen sind u.a. Alphabetisierungskurse für Frauen sowie Lehrlings- und Schneiderinnenausbildung. Verantwortlich für das Projekt ist Mag. Andrea Fellner von der Caritas OÖ.
- Die Caritas OÖ und die KirchenZeitung bitten um Spenden für Saatgut und Werkzeug für 600 Familien. Dafür sind mindestens 21.000 Euro nötig. Ein Zahlschein liegt dieser Ausgabe bei.