Ein Klassiker für die Hosentasche – und eine sagenhaft gelungene Erzählung von Patrick Süskind über einen sehr schrägen Vogel.
„Als ihm das mit der Taube widerfuhr, war Jonathan Noel schon über fünfzig Jahre alt und blickte auf eine zwanzigjährige Zeitspanne von vollkommener Ereignislosigkeit zurück.“
Eines grauenvollen Morgens schreitet Jonathan wie jeden Tag seit Beginn seiner großartigen Karriere als Wachmeister aus seiner Wohnungstür und stolpert glatt über seine eigenen Beine, als er das Monstrum in seinem geliebten Dachgeschoß hocken sieht. Eine Taube hat seine Fußmatte als ihr Eigentum erkoren. Das ist einfach zu viel für den guten alten Jonathan und er fasst den erstmals in seinem Leben spontanen Entschluss auszuziehen und nie wieder einen Fuß in seine geliebte Wohnung zu setzen. Der harmlose Vorfall an seiner Wohnungstür löst eine Kettenreaktion aus. Jonathan kommt zur Arbeit, vergisst den Bankdirektor einzulassen und schwitzt plötzlich wie ein Schwein, als er seine normalerweise sphinxartige Position auf der obersten Stufe des Bankeingangs einnimmt.Mit beißendem Witz erzählt Süskind über die peinlichen Situationen, die Jonathan auf seiner Flucht vor sich selbst und der Taube widerfahren. Viel zu leicht lässt man sich durch Missgeschicke aus der Fassung bringen und so wird sein gewohntes Leben zu einem schauerlichen Alptraum.
Patrick Süskind, Die Taube. Roman. Diogenes, Zürich 1987,100 Seiten, E 7,90