Der heute 69-jährige Paul Fellner erinnert sich an die Aufbauzeit der heuer „60-jährigen“ Katholischen Jugend
Ausgabe: 2006/42, Fellner, Aufbauzeit, KJ, Jugend, Osijek, Holzmann, Peneder, KAJ
19.10.2006
- Ernst Gansinger
Wahrscheinlich ein Arbeitseinsatz bei der Christophorushütte am Feuerkogel, 1956 (Foto oben links). Links Prälat Johann Weidinger, dritter von links Paul Fellner. An der Rom-Wallfahrt (Bild rechts oben) nahmen 1957 etwa 3.000 junge Menschen aus der Diözese Linz teil. Am 20. Oktober 1962 heirateten Paul Fellner und Gertrude Peneder, die ebenfalls eine Aktivistin der Katholischen Jugend war. Die Familie bezog 1972 in Linz-Kleinmünchen die Wohnung, in der das Ehepaar heute lebt. Bis 1991 arbeitete Paul Fellner als Schichtarbeiter. Fotos: Archiv, KIZ / EG
Wie viele seiner Generation hat der 1937 geborene Paul Fellner seine Heimat verlassen müssen. Seine Mutter flüchtete 1943 mit acht Kindern aus Osijek. Die Familie kam schließlich im Herbst 1945 nach Linz. Hier erlebte Paul Fellner als Aktivist der Katholischen Arbeiterjugend seine schönste Zeit.
Paul – das achte Kind – war ein kleiner Bub, als die donauschwäbische Familie flüchtete. Zwei Brüder und der Vater waren eingerückt. Die Mutter erreichte nach vielen Umwegen 1945 mit ihren Kindern Dresden. Das elfte Kind kam zur Welt. Die Front war schon nahe. So entschloss sich die Mutter mit ihren Kindern zur weiteren Flucht und erreichte Budweis. Immer in Angst, dass die Deutschen die Kinder zur Arbeit wegnehmen, wagte die Mutter nicht, sich mit ihnen zu zeigen. Mit Kriegsende kamen die Russen.
„Mamutschka, ich helfe dir.“ Am 12. Oktober 1945 half ein russischer Offizier der Familie und brachte sie bis zur Donau bei Mauthausen, von wo sie mit einer Fähre ans amerikanische Ufer kamen. Der russische Soldat hatte sie so wahrscheinlich vor Verschleppung und Zwangsarbeit gerettet. Die nächsten Stationen der Familie waren Flüchtlingslager – zunächst Haid, dann bis 1952 das 50er- Lager in der VOEST. „Da haben wir keine Sorgen mehr gehabt“, erzählt Paul Fellner. Die große Familie lebte in einem Raum. Es hat aber nie an Freizeitangeboten gemangelt. Eine holländische Organisation hat sich in den Ferien der Kinder angenommen. Sogar Erholungswochen am Attersee wurden angeboten.
Viele Hände packten mit an. In die Katholische Arbeiterjugend wuchs Paul Fellner automatisch hinein. Pfarrer Holzmann hat die jungen Menschen begeistert. Galt es etwas zu arbeiten, packte der junge Paul mit an, angespornt von dem mit gutem Beispiel vorangehenden Jugendseelsorger (heute Prälat) Johann Weidinger. All die Erfahrungen von Hilfe in der Kindheit ließen Paul Fellner nie zögern zu helfen. Bald organisierte er selbst Arbeitseinsätze. KAJ-Leute halfen, dass eine Holzfällerhütte in Oberschwarzenberg einen neuen Fußboden bekam. Sie waren „Bauarbeiter“ im Kirchschlager Jugendheim, auf der Burg Altpernstein, auf der Christophorushütte am Feuerkogel und beim Anlegen des KJ-Sportplatzes am Linzer Keferfeld. Sie pflegten die Gemeinschaft mit Wanderungen, Ferienlagern, Wallfahrten, sangen viel. „Das hat uns verbunden. Wir singen heute noch, wenn wir zusammenkommen. Dann geht jeder glücklich nach Hause.“ – Paul Fellner resümiert: „Ich bin nie eine Führungsperson gewesen, zur Arbeit war ich immer da.“
Gepflegte Gemeinschaft. Es war die schönste Zeit seines Lebens. Die Zeit, in der Freundschaften geknüpft wurden, die auch heute noch tragen. Diese Generation erlebte den Gründer der KAJ, Kardinal Joseph Cardijn, persönlich, schöpfte aus vielen gemeinsamen Unternehmungen Kraft, etwa aus der Rom-Wallfahrt 1957, aus der Mariazell-Wallfahrt 1954, aus den Bekenntnis-Tagen. „Das kann man nicht schildern, es war ein Erlebnis“, das Paul Fellner und viele, mit denen er damals zusammen war, bis heute stärkt.