Der gewohnte Blick vom Priesterseminar zum Dom wird durch einen Neubau verstellt. Gerät durch den Personalmangel der Blick auf die Kirche insgesamt in Gefahr? Foto: KIZ/mf
Das Jubiläum zum 200-jährigen Bestehen des Linzer Priesterseminars stand am 25. Oktober im Zeichen eines nüchternen Blickes in die Zukunft.
MATTHÄUS FELLINGER
„Je schwieriger die Zeiten, desto höher die Herausforderungen und umso fähigere Führungspersönlichkeiten braucht es.“ So Prof. Michael Rosenberger beim Symposium zum 200-Jahr-Jubiläum des Priesterseminars Linz. Doch die Kirche leidet an einem massiven Priester- und damit Führungskräftemangel. „Die alte Gestalt der Volkskirche ist zusammengebrochen, die neue Gestalt ist noch nicht erkennbar. Wie in 15 Jahren Kirche sein wird, weiß niemand“, meinte Dr. Andreas Tapken, selbst Regens in Münster. Damit der Priesterberuf lebbar bleibt, regt Tapken gemeinschaftliche Lebensformen von Priestern an. Viele Priester würden heute vereinsamen.<ü>Die Stunde der Laien. Der Pastoraltheologe Dr. Leo Karrer (Freiburg, Schweiz) sieht dringenden Reformbedarf. Die kirchlichen Strukturen passen seiner Ansicht nach nicht mehr. Den Reformschub erwartet er nicht nur von den Amtsträgern der Kirche, sondern „von allen, denen die Kirche nicht nur im Magen drückt, sondern denen sie am Herzen liegt“. Die Stunde der Laientheologen in der Kirche habe erst begonnen, meinte Karrer. Er plädierte dafür, Laien für Leitungsaufgaben die erforderlichen Kompetenzen zuzusprechen. Die Kirche sei sonst von einem „Verlust an sakramentaler Tiefe“ bedroht. Es geht um den Auftrag der Kirche, nicht nur um das Priesterseminar, betonte auch der Regens des jubilierenden Linzer Priesterseminars, Mag. Maximilian Mittendorfer. Deutlich sprach der bekannte Religionspädagoge Dr. Hubertus Halbfas die Krisensituation der gegenwärtigen Kirche an.„Seit 1000 Jahren bestehende Pfarren können nicht mehr besetzt werden!“ Er sprach von einer „Sprachnot“, in der religöse Begriffe weithin nicht mehr verstanden würden.
Mit einem Festgottesdienst in der Linzer Ursulinenkirche endete der Studientag. Erzbischof Dr. Alois Kothgasser nannte drei „Seminare“, die für das Heranreifen von Priesternachwuchs entscheidend wären: die Familie, die Pfarrgemeinde und schließlich das eigentliche Priesterseminar. Und bei allen Schwierigkeiten dürfe man nicht niedergeschlagen sein, meinte Bischof Dr. Ludwig Schwarz. Zuversicht sei auch heute möglich.