„In Linz muss niemand auf der Straße leben.“ Dies erklärten die Linzer Sozialreferentin Vizebürgermeisterin Dr. Ingrid Holzhammer und der Geschäftsführer des Sozialvereins B37, Ernst Achleitner, vor der Presse. Armut ist es dennoch verbreitet.
Seminarhotel Alpenblick, Kirchschlag, 18. Dezember: Ein – für dieses Hotel – nicht mehr ganz ungewöhnliches Publikum wird zu Mittag bewirtet. Bereits zum vierten Mal sind heuer etwa 70 Menschen, die am Rande unserer Gesellschaft leben und vom Sozialverein B37 in Linz betreut werden, zu einem vorweihnachtlichen Mittagstisch eingeladen. – Es ist eine besondere Auszeit im sonst für viele sehr kargen Leben!
Leben im Heim. Ernst Achleitner leitet seit 1992 den Sozialverein B37, der mehr als zehn verschiedene Angebote für Menschen mit Wohnungs- und sonstigen Problemen hat (siehe Kasten rechts). B37 heißt er, weil sein Stammhaus – das ehemals von der Heilsarmee betreute Heim – die Adresse Bethlehemstraße 37 hat. Im Vorwort auf der Homepage des B37 weisen Achleitner und Christian Gaiseder, Koordinator Sozialbereich, darauf hin, dass viele der von ihnen betreuten Menschen zwar eine funktionierende Grundversorgung mit dem Nötigsten haben, was aber die Armut nicht auflöst. „Ein Platz im Heim, gemeinsam mit zum Teil sehr vielen Menschen, bietet nicht immer eine wünschenswerte Situation für ein gutes Leben.“ Not kann mit Einrichtungen wie B37 gelindert werden, doch das Armutspotenzial steigt.
Zeichen der Solidarität. Die Mittagsrast im Hotel Alpenblick war ein Zeichen, wie eine solidarische Gesellschaft umlernen könnte: Armut wahrnehmen und sich ihr zuwenden! Die Hoteleigentümer Kurt und Michaela Raml haben heuer zum vierten Mal zu Weihnachten diese Aktion durchgeführt – mit Punschempfang und anschließendem Menü (Grießnockerlsuppe, Schweinsbratl und Topfenknödel). Die Mitarbeiter/innen haben dazu einen großen Beitrag geleistet, weil sie ihren freien Montag den bedürftigen Menschen schenkten.
320 Betten. Niemand müsste in Linz auf der Straße leben, sagt die Linzer Vizebürgermeisterin und Sozialreferentin, Dr. Ingrid Holzhammer. In Sozialeinrichtungen stehen insgesamt 320 Betten für wohnungs- und obdachlose Menschen zur Verfügung. Das größte Betreuungsangebot hat das B37 mit 278 Betten. 14 Notbetten sind derzeit frei. Die Zahl der Nächtigungen steigt, die Zahl der Klienten ist rückläufig, die Verweildauer ist aber lange. Männer sind in der Überzahl, doch die Frauen im B37 werden mehr, darunter nimmt auch die Zahl der jungen Frauen zu. 80 Menschen können pro Jahr von der Straße weggeholt werden.
Zur Sache
Sozialverein B37
Der Sozialverein B37 hat insgesamt 278 Betten. Er führt u.a. ein Wohnheim für wohnungslose Menschen, ein Übergangswohnheim (Etappe zum selbstständigen Wohnen) und ein Wohnheim für entwöhnte Alkoholiker. Auch Alkoholberatung wird durchgeführt. Außerdem hat er Wohnmöglichkeiten in der psychosozialen Notversorgung und betreibt eine Notschlafstelle. Diese bezieht 2007 ein neues Quartier und hat dann 60 Betten.
Das B37 hat auch „Outreachworker“ im Einsatz – Streetworker, die den obdachlosen Menschen nachgehen. Mit einer mobilen Wohnbetreuung sollen außerdem mehr Menschen außerhalb von Heimen betreut werden können. Aber „Heime auflösen, klingt gut, nur viele können nicht selbstständig wohnen“, sagt Ernst Achleitner.
Eine Zahl lässt aufhorchen: 40 Prozent der B37-Bewohner/innen sind erwerbstätig!Achleitner: „Es gibt kaum mehr intakte Familienverhältnisse. Viele junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren kommen zu uns, die komplett fertig sind; die alle Defizite haben, die es gibt.“