Das Schimpfen über den ORF hat in Österreich schon Züge der Folklore. Das lag und liegt auch an tatsächlichen Missständen. Kommentar von Heinz Niederleitner.
Ausgabe: 2016/33, ORF, Generaldirketor, Wahl, Politik
16.08.2016 - Heinz Niederleitner
Das Grundübel der politischen Mitmischerei war bei der Wahl des Generaldirektors vergangene Woche unübersehbar. Es ist erklär-, aber nicht entschuldbar: Die Parteien erhoffen sich Vorteile, wenn sie ihnen nahestehende Leute an Schaltstellen in Medienunternehmen sitzen haben. Nur unterschätzen sie dabei die Pluralität, die sich schon alleine durch die vielen Mitarbeiter/innen im ORF ergibt, und die Mündigkeit der Zuseher/innen.
Im Übrigen kann Österreich – allen Unkenrufen zum Trotz –nicht auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verzichten, neben dem es ja ohnehin private Angebote gibt. Um in der journalistischen Versorgung und eigenständigen Produktion gleichziehen zu können, müsste ein privates Unternehmen so groß sein wie der ORF. Nur hätte es in einem kleinen Land wie Österreich eine marktbeherrschende Stellung ohne die Sicherungen, die ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk bietet (Bildungsauftrag, Versorgungsauftrag, ...). Zum Beispiel TV-Religionsberichterstattung in dem Ausmaß, in der Regelmäßigkeit und in der Qualität, wie sie der ORF liefert, wäre wohl undenkbar. Auch wenn viel geschimpft wird: Nicht der ORF ist das Problem, sondern die politischen Begehrlichkeiten. Es wäre fair, das auseinander zu halten.