Radfahrer, Spaziergänger, zwischen Einkäufen – immer wieder gehen tagsüber Menschen in die Stadtpfarrkirche Urfahr, um kurz innezuhalten. Ein Aktenordner voll mit Meditationen und Texten will helfen, in Worte zu fassen, was die Leute gerade bewegt. Mitnehmen darf man die einzelnen Gebete obendrein.
Beim Eingang neben dem gläsernen Weihwasserbecken liegt auf einem Tischchen eine Mappe. Mit rund 150 verschiedenen Gebeten ist der Ordner bestückt. Da jeder Text mehrmals kopiert in einer Klarsichthülle steckt, ist die Ringmechanik randvoll. „Wer in das Gotteshaus kommt, soll geistige Nahrung finden, wenn er das will“, sagt Johanna Bramerdorfer. Die Pfarrsekretärin, eine begeisterte Sammlerin von Texten, Sprüchen, Gebeten und Medtationen, hatte die Idee – und erhielt von der Pfarre grünes Licht, sie auch gleich selbst zu verwirklichen. Seither füllt sie die Gebetsmappe stets mit – nahrhaften und abwechslungsreichen – „geistlichen Lebensmitteln“.
Das Leben zur Sprache bringen. Die Nachfrage zeigt, dass Bramerdorfer damit ein Bedürfnis der Leute getroffen hat. Alle zwei Wochen kopiert sie bis zu achtzig Blätter nach. „Das ist für mich eine Form von Seelsorge: dass die Leute finden, was sie gerade in ihrer Situation brauchen.“ Es sind vor allem Gebete zu bestimmten Lebenssituationen: für Kranke, für ein Kind, mit dem man zerstritten ist, für Arbeisslose, für den Ehepartner. Auch nach Gebeten zum Kirchenjahr wird gerne gegriffen. Die Texte sind für viele Menschen ein Sprachilfe: Wer sich mit dem Beten schwer tut, erhält Anregungen, seine Sorgen, seine Ängste, seine Bitten und Freuden vor Gott in Worte zu fassen. Dass man sich die kopierten Blätter aus den Klarsichthüllen nehmen und zu Hause nochmals nachlesen kann, macht das Angebot doppelt nützlich. Entstanden ist das Projekt zum 300-Jahr-Jubiläum der Pfarre im Jahr 2002. Bramerdorfer: „Wir suchten nach Wegen, wie wir als Pfarre auf die Menschen zugehen können.“ Die Gebetsmappe ist ein sinnvoller Schritt.