„Das Kapital ist sehr flüchtig“, sagt Dr. Markus Schlagnitweit, Direktor der Katholischen Sozialakademie Österreich (KSÖ). Die KSÖ setzt mehrere Initiativen zu Geld und Ethik und beginnt im Herbst 2007 einen Lehrgang zu ethischen Geldanlagen für kirchliche Investoren.
Das Kapital ist weltweit flüchtig. Unter anderem wird das erfolgreiche heimische Edelstahl-Unternehmen Böhler-Uddeholm begehrt. Internationalisierung der Eigentümerschaft ist an sich nicht schlecht. Das beteuern derzeit viele in Österreich – ob Industrie- oder Bankenvertreter oder Repräsentanten von Interessensvertretungen. Es gibt aber entscheidende „Abers“.
Wie Militärs. KSÖ-Direktor Markus Schlagnitweit sieht im Unterschied zwischen Eigentümer- und Unternehmens-Blickwinkel ein wichtiges Aber. Wenn die Eigentümer weit weg vom Standort sind, agieren sie wie Militärs, die fernab vom eigentlichen Schauplatz den Knopf auslösen, was dann tausende Kilometer weit weg zur Katastrophe wird: „Da fallen Hemmungen.“ So wisse auch der Einzelne oft gar nicht, was er durch sein Investment bewirkt. „Diese Entfremdung und Anonymisierung am Finanzmarkt ist ein Riesenproblem.“ Auch der Generaldirektor der Raiffeisen Landesbank, Dr. Ludwig Scharinger, ist an österreichischen Lösungen interessiert. „Je weiter weg von der Region die Hauptquartiere sind, umso weniger Verantwortung für die Region empfinden sie“, sagte er in einem Pressegespräch, bei dem er unter anderem einen Raiffeisen-Industriefonds vorstellte, der mit 150 Millionen Euro dotiert ist.
Hoffnung Kernaktionäre. Dr. Ludwig Scharinger und der Industrielle Dr. Hannes Androsch schlagen vor, einen österreichischen Investmentfonds auf die Füße zu stellen. So soll ausländischen Übernahmen etwas Heimisches entgegengesetzt werden können. Androsch warnt, kein österreichisches Unternehmen sei vor ausländischer Übernahme sicher, nicht die VOEST, nicht der Verbund, nicht die OMV. AK-Präsident Dr. Kalliauer kann sich gut einen österreichischen Industriefonds vorstellen. ÖIAG und heimische Banken sollten dahinterstehen. Auf österreichischen Kernaktionären ruhen die Hoffnungen, dass österreichische Interessen gewahrt bleiben. Österreichs Wirtschaftskammerpräsident Dr. Christoph Leitl hat selbst schon einen Industriefonds begründet. „Wenn durch die jetzige Diskussion ein Österreich-Fonds auf breitere Basis gestellt wird, können österreichische Investoren durchaus mithalten.“
Möglichst schnell. Warum aber sollten inländische Anleger anders agieren wie ausländische? Leitl will nicht zwischen inländischen und ausländischen Käufern unterscheiden, sondern zwischen guten und schlechten. „Schlecht sind die, die spekulieren und filettieren wollen. Gut sind die, die an nachhaltiger Entwicklung der Unternehmen interessiert sind und für Wachstum stehen.“ Die Betroffenen im Unternehmen sind dabei zu Rate zu ziehen. Niemand kenne das Unternehmen so gut wie sie. Leitl gibt auch zu bedenken, dass Österreicher mehr im Ausland investieren, als Ausländer bei uns. AK-Präsident Kalliauer lenkt die Aufmerksamkeit auf internationale Hedgefonds; sie agieren kurzfristig, die Gefahr des Auspressens sei groß. Inländische Anleger dagegen sind in der Region verwurzelt.
Den Einfluss aus der Hand gegeben. Es ist noch nicht lange her, dass der Staat an vielen Unternehmen seine Anteile verkauft oder stark verringert hat. Fällt das Österreich jetzt auf den Kopf? – Dr. Schlagnitweit bestätigt: Wo sich der Staat eine Sperrminorität behält, gibt es gewisse Garantien für österreichische Interessen. Oberösterreichs Arbeiterkammer-Präsident Dr. Johann Kalliauer glaubt nicht, dass Private grundsätzlich gute Unternehmer sind und der Staat ein schlechter ist. Jetzt räche sich, dass die öffentliche Hand für einen Einmaleffekt Unternehmensbeteiligungen aufgegeben habe wie bei den Tabakwerken.
Und die BAWAG? Dass Gewerkschafter leise sein müssten, weil ja auch die BAWAG ans Ausland verkauft worden ist, meint er nicht. Die BAWAG sei nach einem Kriminalfall ein Notverkauf gewesen, zu dem es keine österreichischen Anbieter gegeben habe.