Wie weit gehören Eucharistiefeier und Kommunion zusammen? Das war bei uns vor 50 Jahren nicht selbstverständlich. In anderen Konfessionen (Orthodoxie, evangelische Kirchen) ist das bis heute so.
Dass die Kommunion der Zielpunkt der Eucharistie ist, wurde in der römisch-katholischen Kirche im Laufe des 20. Jahrhunderts langsam wiederentdeckt. Mitfeier an der Eucharistie und Empfang der Kommunion hatten sich seit der Spätantike (4./5. Jahrhundert) leider weitgehend getrennt. Ein Grund dafür lag wohl in der übersteigertern Ehrfurcht gegenüber dem Geheimnis der Eucharistie und in den daraus entstandenen Bedingungen für den Empfang (in der Westkirche vor allem die Beichte). Doch heute ist wieder klar: Der menschliche Grundgestus der Eucharistie ist Essen und Trinken – also jene in allen Kulturen zentrale Handlung, die nicht nur der biologischen Lebenserhaltung, sondern zugleich auch der Gemeinschaftsbildung dient.
Für das Leben und die Gemeinschaft. Diese Handlung wird im großen Lob- und Dankgebet (Hochgebet) sozusagen besprochen: Durch den körperlichen Empfang der im eucharistischen Gebet zu Christi Leib und Blut gewandelten Schöpfungsgaben Brot und Wein wird das Leben im Angesicht Gottes, das ewige, unvergängliche Leben, erhalten und zugleich die Gemeinschaft der Kirche immer neu verwirklicht. In der Kommunion geschieht eben jene Einverleibung des Leibes Christi in den Menschen und damit des Menschen in den Leib Christi, der die Kirche ist. Hört die Kirche auf, von der Kommunion zu leben, hört sie auf, Kirche zu sein.
Eine untrennbare Einheit. Andererseits kann die Kommunion nicht aus dem Ganzen der Eucharistie herausgenommen werden, aus dem gemeinsamen Lobbekenntnis (Hochgebet), aus der Konsekration von Brot und Wein, die zugleich die symbolische Konsekration der Welt ist. Die Kommunion außerhalb der Messe gehört daher nicht in die Gemeinde, etwa als Notersatz bei Wortgottesdiensten; sie sollte nur in ganz besonderen Situationen gereicht werden, z. B. als Kranken- und Sterbekommunion.
In den Ostkirchen. In den meisten Kirchen des Ostens hat sich die auch bei uns über Jahrhunderte übliche sehr seltene Kommunion bis heute gehalten. In der orthodoxen Kirche etwa ist eine anspruchsvolle innere und äußere Vorbereitung für den Kommunionempfang gefordert (Beichte, sexuelle Enthaltsamkeit, Nüchternheit u. Ä.). Dadurch ist gewiss der einzelne Kommunionempfang als besonderer existentieller Höhepunkt hervorgehoben. Ein Punkt, der bei uns zuweilen durch die vielleicht allzu selbstverständliche und unvorbereitete Kommunion verdunkelt zu werden droht. Aber dass die Kirche als Gemeinschaft, oder besser, als Gesellschaft von Menschen aus dem regelmäßigen sonntäglichen Essen und Trinken von Christi Leib und Blut lebt, ist dadurch nicht mehr erfahrbar. Es gibt aber in den Ostkirchen durchaus Bestrebungen zur Hebung der Kommunionhäufigkeit.
Evangelische Praxis. In den evangelischen Kirchen galt seit dem 16. Jahrhundert, entgegen der damaligen Praxis, das Prinzip, dass es keine Eucharistie („Abendmahl“) ohne Kommunikanten gibt (und zwar über den Priester hinaus). Da aber die Menschen schon so lange dem sonntäglichen Kommunionempfang entwöhnt waren, entstand faktisch – durchaus gegen die Absicht Martin Luthers – die Praxis, die Eucharistie nicht sonntäglich, sondern nur in größeren Zeitabständen zu halten. An den meisten Sonntagen wurde daher nur ein Predigtgottesdienst ohne Abendmahl gefeiert. Erst in den vergangenen Jahrzehnten hat hier eine kraftvolle Gegenbewegung eingesetzt. Heute wird daher bereits in vielen evangelisch-lutherischen Gemeinden das Abendmahl Sonntag für Sonntag gefeiert.
Zur Sache
Für alle gestorbenoder nur für viele?
Im Herbst 2006 hat die römische Gottesdienstkongregation in einem Schreiben an eine Reihe von Bischofskonferenzen gefordert, die Wandlungsworte entsprechend dem römischen Messbuch zu übersetzen. Dort heißt es: „Das ist mein Blut, das für euch und pro multis (für viele bzw. für die Vielen) vergossen wird.“ In der deutschen, eng-lischen oder spanischen Über-setzung des Messbuches heißt es „Das Blut, das ... für alle vergossen wird“. Prof. Reinhard Meßner meint, dass diese Übersetzung „sachlich ganz sicher nicht falsch ist. Kein vernünftiger Christ kann bestreiten, dass Christus sein Leben für die ganze Menschheit hingegeben hat. Und das möchte das ,für alle‘ deutlich sagen.“ Der Bibelwissenschafter Georg Braulik (Wien) betont, dass im griechischen Neuen Testament der Begriff „polloi“ im Hinblick auf das Heilswerk Jesu nicht bloß „viele“ meint, sondern die gesamte Menschheit. Das hat auch Papst Benedikt bei seiner letzten Fronleichnamspredigt sehr deutlich herausgestrichen: „Es ist der Wunsch des Herrn, dass jedes menschliche Geschöpf sich von der Eucharistie nährt, denn die Eucharistie ist für alle.“
Hinter der vor allem von konservativen Kreisen angestrebten Änderung der Wandlungsworte auf „viele“ steht wohl die Sorge vor einer allzu leichtfertigen Auffassung: wir kommen ohnedies alle in den Himmel. Aber es ist wohl eine Sache zu sagen, wofür Jesus Mensch geworden und gestorben ist, nämlich für die gesamte Menschheit und Schöpfung, und eine andere Sache, dass die Erlösung ein Geschenk ist, das zur Annahme im Glauben einlädt.