Vom 3. bis 9. September werden in Sibiu (Rumänien) 2100 Delegierte der christlichen Kirchen Europas zur 3. Ökumenischen Versammlung zusammenkommen. Das gemeinsame Zeugnis für Europa ist das Thema.
Der Beauftragte der österreichischen Bischofskonferenz für den Sibiu-Prozess, Bernhard Körner, erwartet sich von der Ökumenischen Versammlung in Rumänien „keinen Durchbruch“ bei den trennenden theologischen Fragen. „Natürlich werden diese Themen wie etwa das Kirchenverständnis, die Amtsfrage oder die Abendmahlgemeinschaft auch angesprochen werden. Das hat der evangelische Bischof von Berlin, Wolfgang Huber, als Reaktion auf das jüngste Kirchendokument der Glaubenskongregation bereits angekündigt. Aber eine derartige Versammlung ist nicht der Ort, diese tiefgehenden theologischen Fragen zu klären“, meint Körner. Aufgrund der bisherigen Veranstaltungen auf dem Pilgerweg nach Sibiu erwarte er sich allerdings, „dass wir trotz aller Differenzen und Irritationen als Kirchen gemeinsam einen Beitrag zur Erneuerung und zur Einheit Europas leisten. Ich habe diesen Willen in den vergangenen Monaten ganz stark gespürt und ich bin fest überzeugt, dass die Kirchen auch in der Lage sein werden, konkrete gesellschaftliche Anliegen und Vorschläge sowie Selbstverpflichtungen für das eigene, gemeinsame Handeln zu formulieren“, ist Körner zuversichtlich.
Zäune abbauen. Die Versammlung im vorwiegend orthodoxen Rumänien könnte aber auch einen wichtigen Beitrag für die Verbesserung des Klimas zwischen den Kirchen des Westens und des Ostens leisten, hofft Körner. Da gebe es noch immer große Unsicherheiten, Vorbehalte und Mentalitätsunterschiede, die das gegenseitige Verstehen erschweren. „Ich glaube, dass wir im Westen bisher zu wenig bereit waren, uns auf die Erfahrungen der Christ/innen im Osten während der Zeit der Unterdrückung einzulassen, genauer danach zu fragen, woraus sie in dieser Zeit ihre Kraft geschöpft haben, und von ihrer Spiritualität zu lernen.“ Er hoffe, so Körner, dass die Begegnungen in Sibiu dazu beitragen, so manchen noch bestehenden Zaun in den Köpfen und Herzen einzureißen.
Stolpersteine. In der ökumenischen Debatte – vor allem zwischen den Kirchen des Westens – sieht Körner derzeit Zuspitzungen in drei Bereichen. „In einer Reihe wichtiger ethischer Fragen ist es uns bisher nicht gelungen, gemeinsame Positionen zu finden. Da driften wir eher auseinander.“ Als Beispiel nennt er die Kontroversen zwischen evangelischen und katholischen Theologen in Bioethikfragen (z. B. Stammzellenforschung) – auch in Österreich. Auch in der Amts- und Sakramentenfrage sieht er neue Stolpersteine, nachdem die vereinigten lutherischen Kirchen in Deutschland beschlossen haben, dass auch Nicht-Ordinierte der Abendmahlfeier vorstehen können. „Und schließlich“, so Körner, „haben wir zunehmend Schwierigkeiten, uns über die Ziele in der Ökumene zu einigen.“ In der evangelischen Kirche gebe es starke Kräfte, die für eine Ökumene bei gleichzeitiger Betonung der je eigenen Profile eintreten. Das Modell dafür sei die „Leuenberger Konkordie“ der reformatorischen Kirchen, in der eine Altar- und Kanzelgemeinschaft trotz bestehender Lehrunterschiede vereinbart wurde. Diese Auffassung von einer „versöhnten Verschiedenheit“ ist nicht die der katholischen Kirche. Außerdem liege darin die Gefahr, dass man sich nicht mehr ambitioniert genug für einen möglichen Konsens in der Lehre einsetze.
- Weitere Infos zu Sibiu: www.oecumene3.eu
Zur Sache
Das Kirchentreffen in Sibiu
„Das Licht Christi scheint auf alle. Hoffnung auf Erneuerung und Einheit in Europa“ – unter diesem Leitwort steht die 3. Europäische Ökumenische Versammlung, die vom 3. bis 9. September in Sibiu (Hermannstadt) stattfindet. Anders als bei den Versammlungen in Basel (1968) und Graz (1997), wo rund um die eigentliche Delegiertentagung Tausende Teilnehmer/innen aus zahlreichen christlichen Initiativen ihre Anliegen und Projekte vorstellten, werden sich in Rumänien „nur“ die Abgesandten der Kirchen treffen. Dafür aber wurde die Zahl der Delegierten von 700 in Graz auf 2100 aufgestockt.
Die 3. Ökumenische Versammlung wurde von den Kirchen Europas als „Pilgerweg“ konzipiert. Die Auftaktveranstaltung dazu fand 2006 in Rom statt, wo die offenen Fragen in den Beziehungen der Kirchen und die gesellschaftlichen Herausforderungen in Europa sehr ehrlich angesprochen wurden. Es folgten als 2. Station zahlreiche Veranstaltungen in den einzelnen Ländern. Im Februar 2007 trafen sich die Beauftragten der Kirchen für den Pilgerweg – aus Österreich der katholische Theologe Bernhard Körner und die evangelische Oberkirchenrätin Hannelore Reiner – in der Lutherstadt Wittenberg. Dort wurden die Arbeitspapiere für die neun Beratungsforen in Sibiu erstellt. Die Grundlage dazu bildete die 2001 verabschiedete „Charta Oecumenica“. Folgende Themen stehen auf der Tagesordnung der dreitägigen Forumsberatungen in Sibiu:
- Das Licht Christi und die Kirchen: Einheit, Spiritualität, Zeugnis.
- Das Licht Christi und Europa: Europa, Religionen (Dialog mit Judentum und Islam), Migration.
- Das Licht Christi und die Welt: Friede, Gerechtigkeit, Schöpfung.