Bei seiner Predigt im Stephansdom hat Papst Benedikt von der „inneren Notwendigkeit“ gesprochen, die Begegnung mit Gott in die Mitte des Sonntags zu stellen.
„Sine dominico non possumus!“ Ohne die Gabe des Herrn, ohne den Tag des Herrn können wir nicht leben: So antworteten im Jahr 304 Christen aus Abitene im heutigen Tunesien, die bei der verbotenen sonntäglichen Eucharistiefeier ertappt und vor den Richter geführt wurden.
Geschenk und Antwort. In dem Wort dominico sind zwei Bedeutungen unlöslich miteinander verflochten, deren Einheit wir wieder wahrzunehmen lernen müssen. Da ist zunächst die Gabe des Herrn – diese Gabe ist er selbst: der Auferstandene, dessen Berührung und Nähe die Christen einfach brauchen, um sie selbst zu sein. Aber dies ist eben nicht nur eine seelische, inwendige, subjektive Berührung: die Begegnung mit dem Herrn schreibt sich in die Zeit ein mit einem bestimmten Tag. Sie gibt unserer Zeit und so unserem Leben als ganzem eine Mitte, eine innere Ordnung. Für diese Christen war die sonntägliche Eucharistiefeier nicht ein Gebot, sondern eine innere Notwendigkeit. Ohne den, der unser Leben trägt, ist das Leben selbst leer.
Beziehung leben. Geht diese Haltung der Christen von damals auch uns Christen von heute an? Ja, auch für uns gilt, dass wir eine Beziehung brauchen, die uns trägt, unserem Leben Richtung und Inhalt gibt. Auch wir brauchen die Berührung mit dem Auferstandenen, die durch den Tod hindurch uns trägt. Wir brauchen diese Begegnung, die uns zusammenführt, die uns einen Raum der Freiheit schenkt, uns über das Getriebe des Alltags hinausschauen lässt auf die schöpferische Liebe Gottes, aus der wir kommen und zu der wir gehen.
Freizeit und Mitte. Der Sonntag hat sich in unseren westlichen Gesellschaften gewandelt zum Wochenende, zur freien Zeit. Die freie Zeit ist gerade in der Hetze der modernen Welt gewiss etwas Schönes und Notwendiges. Jeder von uns weiß das. Aber wenn die freie Zeit nicht eine innere Mitte hat, von der Orientierung fürs Ganze ausgeht, dann wird sie schließlich zur leeren Zeit, die uns nicht stärkt und nicht aufhilft. Die freie Zeit braucht eine Mitte – die Begegnung mit dem, der unser Ursprung und Ziel ist. Mein großer Vorgänger auf dem Bischofsstuhl von München und Freising, Kardinal Faulhaber, hat das einmal so ausgedrückt: „Gib der Seele ihren Sonntag, gib dem Sonntag seine Seele.“ Gerade weil es im Sonntag zutiefst um Begegnung mit dem auferstandenen Christus geht, umspannt sein Radius die ganze Wirklichkeit – von der Auferstehung über die Erinnerung an den ersten Schöpfungstag (Tag des Lichtes) bis hin zum Erbe des Sabbats, in dem wir an der Ruhe Gottes teilnehmen.
Alle Reden während des Besuches von Papst Benedikt
Die Katholische Presseagentur (kathpress) dokumentiert alle Ansprachen und Predigten,die beim Papstbesuch gehalten wurden, in einer Sonderpublikation. (Euro 9,25, inkl. Porto).
- Alle Reden während des Papstbesuches zum Downloaden: www.papstbesuch.at
Zur Sache
Aktionstage für Sonntagskultur
Wenige Tage nach dem Papstbesuch hat die Katholische Aktion eine Werbekampagne für „eine Kultur des Sonntags“ gestartet. Auf zahlreichen Plätzen, auf Bahnhöfen und bei verschiedenen Veranstaltungen werden seit vergangenem Donnerstag Karten und kleine Schachteln mit Pfefferminzzuckerln verteilt, die dazu einladen, den Sonntag als Tag zum Durchatmen und Auftanken, als Tag des Lebens, als Tag der Begegnung mit Freunden und als Tag der Gemeinschaft mit Gott und den Menschen zu begehen.
„Wenn wir auf Dauer den arbeitsfreien Sonntag erhalten wollen, dann reicht es nicht aus, nur politisch dafür zu kämpfen“, meint KA-Präsidentin Luitgard Derschmidt. „Es geht auch darum, dass die Menschen den Sonntag so gestalten, dass er ihnen zu einer wertvollen und kostbaren Zeit wird. Zu einer Zeit, die nicht wieder mit Stress und Hektik zugeschüttet ist, sondern in der wir bewusst aus dem Alltagstrubel ausbrechen, innehalten, Begegnung leben und ,auf Christus schauen‘.“