Beim Bleiberecht braucht es ein genaues Hinschauen und klare Regeln
Neues Nachdenken über Integration und Bleiberecht. Integrationsplattform wurde endlich einberufen
Ausgabe: 2007/42, Arigona, Zogaj, Friedl, Pfarrer, Ungenach, Integration, Gesellschaft
17.10.2007 - Matthäus Fellinger
Ob Arigona Zogaj in Österreich bleiben kann, vielleicht sogar zusammen mit ihrer Familie, ist offen. Was über den Tag der Entscheidung hinaus bleiben wird, sind Fragen, denen sich die Gesellschaft stellen muss.
Nicht einmal der Papst war in Mariazell von so vielen Kameras umlagert. Die 15-jährige Arigona Zogaj hat ihre Rückkehr in die Öffentlichkeit für ihre Situation letzten Freitag erstaunlich gut bewältigt. Sie hat Angst gehabt – und hat noch immer Angst, abgeschoben zu werden. Es plagen sie Albträume über den Krieg und über eine nach wie vor mögliche Abschiebung. Es gab berührende Momente: der Besuch bei ihrer Mutter. Arigona geht es besser – ihrer Mutter leider noch nicht.
Unerwarteter Wirbel. „Ich habe den Wirbel nie gewollt“, erzählt Pfarrer Friedl der KirchenZeitung. „Die Lawine hat mich überrollt“. Das 15-jährige Mädchen war in Not und ihre Bekannten haben nicht mehr weitergewusst. Also haben sie beim Pfarrer in Ungenach angerufen. Bei der Sonntagsmesse am 14. Oktober hat Pfarrgemeinderatsobmann Franz Schoberleitner ausgedrückt, was auch für Pfarrer Friedl entscheidend ist: „Man kann verschiedener Meinung sein über diese Fragen, aber über eines können Christen keine verschiedenen Meinungen haben: Wenn jemand in Not ist, darf man nicht wegschauen, sondern muss helfen!“ Die feiernde Gottesdienstgemeinde klatschte Beifall. Die für diese Woche eigentlich geplante Urlaubswoche fällt für Pfarrer Friedl anders als erwartet aus. „Da hab ich wenigstens Zeit, mich um die nächsten Schritte zu kümmern“, meint er. Das Leben soll allmählich wieder in normale Geleise finden.
Integrationsplattform einberufen. Unter Druck gekommen ist durch die enorme Öffentlichkeit die Regierung. Also wurde am Montag, 15. Oktober endlich die „Integrationsplattform“ einberufen, die ja schon im Regierungsabkommen angekündigt war. Teilnehmen sollen daran Vertreter der Ministerien, der Länder und Gemeinden, die Religionsgemeinschaften, die Sozialpartner, Experten und Hilfsorganisationen. Dass Letztere, nämlich jene, die im Alltag mit Asylanten und Flüchtlingen zu tun haben, in die Überlegungen genügend einbezogen sind, hält Pfarrer Friedl für entscheidend. Er hofft, dass man für die Zukunft Klarheit schaffen kann – und dass die Entscheidungen auch in einer zumutbaren Zeit getroffen werden. Wenn innerhalb von drei Jahren nicht entschieden wird, soll den Betroffenen das Bleiberecht gewährt werden, schlägt Friedl vor.Einerseits geht es bei der Integrationsplattform um die Thematik, wie sich der Staat etwa vor Terrorismus schützen kann. Erst im September waren ja in Österreich terrorverdächtige Islamisten festgenommen worden. Dieser Schutz darf aber auf der anderen Seite nicht zu Härten gegenüber unschuldigen Menschen führen. Der Schutz der Menschlichkeit soll nicht zu neuen Unmenschlichkeiten beitragen.
Ziviler Widerstand. Im Zuge der Abschiebung mehrerer Familien in den letzten Wochen ist die Thematik des zivilen Widerstandes diskutiert worden. Wenn Gesetze dem Empfinden weiter Teile der Bevölkerung nach zu Unmenschlichkeit führen oder wenn Menschen, die anderen helfen wollten, durch diese Gesetze kriminalisiert werden, so stehen diese Gesetze selbst in Frage.