Von der „Auferstehung der Toten“ oder warum christlicher „Körperkult“ tiefer schaut
Heute wird Körperkult großgeschrieben. Fitness-Studios und Schönheitschirurgie haben Hochsaison. Christ/innen können die „Vollendung“ des Leibes gelassener angehen. Jede und jeder ist schön, schon hier und jetzt – weil unser Leib in die Auferstehung Christi hineingenommen wurde.
„Caro cardo salutis!“ Auf diese Kurzformel brachte der altkirchliche Autor Tertullian die christliche Hoffnung: „Das Fleisch sei der Schlüssel zum Heil – der Leib der Weg zum Glück.“ Der moderne Mensch unterschreibt das Bekenntnis mit beiden Händen. Er achtet ja auf seinen Körper, vor allem auf das Gewicht. Deswegen vergisst er die Trimmübungen nicht. Und wenn Trimmen und Joggen, Bodybuildingsstudios und Anabolika nicht helfen, sucht er den Schönheitschirurgen auf und lässt sich liften. Oder absaugen.
Der perfekte Body. Unablässig verkünden die Werbeplakate das Alltagsevangelium: Nur das knackige Fleisch zählt. Nur der perfekte Body. Nur der beste Körper! Und nur der Mensch, der einen solchen Körper sein eigen nennen darf! Aber auch der kranke Mensch fokussiert seine Hoffnung auf den Leib. Transplantationspatienten warten auf Niere, Lunge, Leber und Herz. Wir erhoffen die Verlängerung des Lebens in diesem unserem Leib, oder erwarten einen besseren Körper in den Zeiten, die noch kommen. Deswegen Stammzellenforschung und Klonindustrie.
Leib – der Feind. Wie man es dreht und wendet: mein Leib bleibt ein Schlüssel zu meinem Glück. Und weil dieses durch den Tod begrenzt ist, bekommen wir Stress mit der Leiblichkeit. Damit aber auch eine ganz neue Leibfeindlichkeit. Menschen hassen ihren Körper. Selbst wenn sie den Körper ihrer Partner umschlingen, tummeln sich andere – perfekte – Bodys in ihren Köpfen. Die moderne Medizin neigt dazu, den Körper zu einem Warenlager zu degradieren. Und auch die Bilderflut toter, ermordeter, ertrunkener, vergewaltigter Körper in den Massenmedien endet letztendlich im Strom der Bedeutungslosigkeit.
Ich lebe als ganze/r. Als Christ erhoffe ich Vollendung personaler Identität durch den Tod hindurch. Und zu dieser meiner Person gehört fundamental auch die Leiblichkeit. Der auferweckte Christus wurde ja von Jüngerinnen und Jüngern gerade in seiner Leiblichkeit wiedererkannt. Die abgebrochene Beziehung lebte wieder auf: nicht nur in den Köpfen, sondern auch bei Tisch, als er mit ihnen aß und trank. Sie blickten auf den auferweckten Leib Christi und bekamen einen neuen Blick auf ihre eigene Leiblichkeit. Der Leib blieb ihnen nicht nur eine der Formeln für den Stoffwechsel und auch nicht bloß ein Gehäuse für den Geist und schon gar nicht ein Warenlager für Organe. Sie entdeckten den Leib neu: als den Inbegriff der gelebten Hingabe aus der Kraft der göttlichen Liebe. Deswegen konnten sie die Hingabe Christi auch leiblich verinnerlichen: „Nehmt und esst ...“.
Österlicher Blick. Weil es bei Gott diese Hoffnung für den ganz konkreten Leib gibt, können sich Christinnen und Christen den Luxus leisten, schon jetzt den eigenen Leib mit „österlichen Augen“ zu sehen. Und auch die Körper anderer Menschen. Jener mit denen wir zu Tische sitzen und auch im Bett liegen. Wir sollen aber auch jene Leiber, die wir verletzen und misshandeln, mit „österlichen Augen“ wahrnehmen. Selbst dann, oder gerade dann, wenn das Objekt der Misshandlung der eigene Körper bleibt.
Vollendet in der Liebe. Die Hoffnung auf die Auferweckung des Leibes und auf die Vollendung der Leiblichkeit in der Hingabe trägt auch zum versöhnten Umgang mit dem konkreten – oft so sperrigen – Leib hier und jetzt bei: dem weiblichen und dem männlichen, dem gesunden und kranken, dem behinderten und auch geschändeten. Die Leiber verschwinden nicht im Strom der Bedeutungslosigkeit. Sie alle werden vollendet: im Beziehungsgeschehen der Liebe. Und diese gibt es für uns nicht jenseits der Leiblichkeit Christi! Sein Leib ist also doch der Schlüssel zum Heil! Wie werden die Toten auferweckt, was für einen Leib werden sie haben?
Auch das, was du säst, wird nicht lebendig, wenn es nicht stirbt. Und was du säst, hat noch nicht die Gestalt, die entstehen wird; es ist nur ein nacktes Samenkorn.
Und so ist es auch mit der Auferstehung. Gesät wird ein irdischer Leib, auferweckt ein überirdischer. i Korinther 15, 35ff.