Hexenfest im Kindergarten und „Let’s hex“ im Museum: Rund um die Walpurgisnacht lebt das Volksbrauchtum neu auf. In Vergessenheit geraten jene, die als Hexen und Zauberer unter tragischen Umständen ihr Leben lassen mussten.
Am 30. April ist Walpurgisnacht. Ein Blick in den Veranstaltungskalender bestätigt: DieWalpurgisnacht ist ein willkommener Anlass, Hexenfeste in Museen, in Kindergärten oder im Freien zu veranstalten. Von Hexenworkshops bis zu magischen Nächten am „Blocksberg“ reicht der Bogen. Was die hl. Walburga mit dem Hexenkult zu tun hat, wird unterschiedlich beurteilt (siehe Kasten unten).
Gute „Hexe“. Auffallend ist: Hexe zu sein ist heute wieder „in“ und – so scheint’s – vor allem lustig und gut. Auch in der Kinderwelt haben die guten, einfallsreichen Hexen wie in „Bibi Blocksberg“ oder „Charmed“ Eingang gefunden. Vielfach wird der Begriff „Hexe“ heute als Ausdruck eines neuen Bewusstseins verstanden: Eine moderne Hexe ist eine weise, starke und unabhängige Frau, die zu ihrenspirituellen und heilenden Kräften steht und diese auch einsetzt.
Verfolgt und ermordet. Wenig im Bewusstsein ist, wie viele Menschen in Europa in der Zeit von 1450 bis 1750 ermordet wurden, weil sie der Hexerei und der Magie verdächtigt, angeklagt und verurteilt wurden. Die Zahl der Menschen, die im Zuge der Hexenverfolgung ums Leben gekommen sind, wird mit 60.000 bis 100.000 Opfern angegeben. 80 Prozent der Opfer sollen Frauen gewesen sein.
Geschichte in Oberösterreich. Anders liegen die Zahlen für Oberösterreich: Insgesamt sind in Oberösterreich bei Hexenprozessen 28 Frauen und 51 Männer hingerichtet worden (Männer: 65 %, Frauen: 35 %). Anhand historischer Dokumente lassen sich hier 162 Gerichtsverfahren gegen Zauberei und Magie belegen. Die meisten Prozesse fanden zwischen 1600 und 1700 statt. Die typische Vorstellung von Hexen als weisen, alten, kräuterkundigen Frauen, die aufgrund ihrer heilenden Kräfte verfolgt wurden, entspricht nicht den historischen Fakten. „In den Gerichtsakten ist keine einzige weise Frau (zum Beispiel Heilkundige, Hebamme) belegt, die in einem Hexenprozess den Tod gefunden hätte. Die Anklage der verdächtigen Personen erfolgte durch das jeweilige Landesgericht und nicht durch die Kirche. Die Religion beeinflusste aber sehr wohl das damalige Rechtsverständnis“, erklärt der Wiener Historiker Martin Scheutz.
Hexenverfolgung heute. Bittere Not, Armut, Hunger boten damals den Nährboden für Aberglaube und Kriminalität. Die Sehnsucht nach wilder, ungezügelter Kraft und Magie in einer hochtechnisierten westlichen Welt könnte heute ein Grund für das neue Aufblühen der Brauchtumsriten und Esoterikwelten sein. Auf der Strecke bleiben die Opfer der Geschichte. Als Hexe bezeichnet zu werden, ist auch heute noch lebensbedrohlich. In vielen Teilen Afrikas (Kongo, Tansania, Nigeria und Angola), in Lateinamerika und Südostasien werden Menschen – vorwiegend alte Frauen und Kinder – für Epidemien und für Aids verantwortlich gemacht – und der Hexerei beschuldigt. Tausende von Menschen sind seit den 1960er-Jahren deshalb getötet worden.
Rund um den 1. Mai gibt es viele Bräuche, mit denen der Frühling begrüßt wird. Bei uns ist wohl das Maibaum-Aufstellen der üblichste. Mancherorts werden Feuer entzündet, ähnlich wie um die Sommersonnenwende. Ursprünglich wurde damit gefeiert, dass die Erde wieder zum Leben erwacht. Später wurde daraus ein Feuer zum Vertreiben von bösen Geistern. Und als die Menschen Schuldige für verschiedenes Unheil suchten (siehe Text oben), war der Weg nicht weit, in den Feuern vermeintlich Hexen und Magier zu verbrennen.
Die Namensgeberin. Die heilige Walburga hat damit wenig zu tun. Einzig ihren Namen musste sie für die Walpurgisnacht, in der Hexen ihr Unwesen treiben sollten, hergeben. Walburga wurde an einem 1. Mai heiliggesprochen. In England ist der 1. Mai bis heute ihr Gedenktag, bei uns der 25. Februar, ihr Todestag. Walburga lebte von 710 bis 779. Sie war eine englische Königstochter, die in Deutschland das Christentum verbreiten wollte. Schließlich wurde sie Äbtissin im mittelfränkischen Kloster Heidenheim. Die Legende erzählt, dass sie mit drei Ähren ein Kind vor dem Verhungern gerettet und einen tollwütigen Hund beruhigt haben soll. Sie soll Kranke geheilt und eine im Kindbettfieber liegende Wöchnerin gerettet haben. Sie gilt daher als Schutzheilige gegen Krankheiten und Seuchen, Tollwut, Hungersnot und Missernte. Sie ist Patronin der Kranken und Wöchnerinnen und auch der Bauern.
Walburgisöl. Bald soll aus den Gebeinen von Walburga eine Flüssigkeit geflossen sein, das heilkräftige „Walburgisöl“. Deshalb wird sie mit einem Fläschchen abgebildet.