Zufrieden zeigt sich der Handel mit dem bisherigen Verlauf des Weihnachtsgeschäftes. Die Theologische Privatuniversität Linz durchleuchtet andere Aspekte des Konsumierens als bloß den Umsatz.
Für viele war der Freitag, 9. Dezember, der Zwickeltag zwischen dem als Einkaufstag umstrittenen 8. Dezember und dem bislang stärksten „Einkaufssamstag“ in der Vorweihnachtszeit. Genau an diesem Tag lud die Theologische Privatuniversität Linz zum Nachdenken über das Konsumieren. Die Uni will einen besonderen Schwerpunkt auf dieses Thema legen, zählt Konsum doch „zu den bedeutendsten ethischen Herausforderungen der Gegenwart“. Unter Leitung von Professor Christian Spieß fand die Startveranstaltung der Arbeitsgruppe „Wirtschaft – Ethik – Gesellschaft“ statt.
Privat-Konsum als Schlüssel. Wie Waren produziert werden, welche Handelswege sie durchlaufen, ist für die Menschen unübersichtlich und insgesamt hoch problematisch geworden. 72 Prozent der gefährlichen Treibhaus-Gase gehen letztlich auf den privaten Konsum zurück, führte der Kieler Professor Ludger Heidbrink aus. Er nennt ein Hauptproblem: Fast zwei Drittel der Konsument/innen vertrauen in ihrem Konsumververhalten den Unternehmen. Nur ein Drittel kümmert sich um die Form des Konsumierens. Der „Realverbraucher“, sagt Heidbrink, wäre der „überlastete, zeitknappe, wenig kompetente, nur bedingt interessierte und auch wenig disziplinierte Verbraucher“. Viele sehen sich zwar als verantwortlich für ihren Konsum, im Alltag handeln sie trotzdem ganz anders. Da gibt der niedrigere Preis den Ausschlag bei Kaufentscheidungen.
Das Dreieck des Konsums. Für Heidbrink spielt sich verantwortliches Konsumieren in einem Dreieck ab: Da bildet die Sozialverträglichkeit den einen Eckpunkt. Sie lenkt das Augenmerk auf die Herstellung der Produkte, bei der Menschen nicht ausgebeutet werden dürfen. Die Naturverträglichkeit bildet das zweite Eck. Natur darf nicht nachhaltig geschädigt werden. Als Drittes kommt die „Fürsorgepflicht“ der Konsument/innen dazu, die für sich und ihre Angehörigen sorgen müssen. Und eben die Konsument/innen müssten, so der Kieler Forscher, in die politische Verantwortung stärker einbezogen werden. Als Käufer sind sie nicht nur letztes Glied in der Kette, sondern Mitgestalter. Es gehe darum, Licht in die Abläufe zu bringen, vor allem durch vertrauenswürdige Institutionen, die verlässlich über Produkte informieren. Im Dschungel der Etiketten und Gütesiegel fällt die Orientierung schwer.
„Die christliche Spiritualität regt zu einem Wachstum mit Mäßigkeit an und zu einer Fähigkeit, mit dem Wenigen froh zu sein.“ Papst Franziskus, in: Laudato si’, Nr. 222
Die Idee von Fairtrade. Eine der Organisationen, die sich um die Sozialverträglichkeit besonders kümmern, ist „Fairtrade“. Der faire Handel – so Florian Ablöscher von Fairtrade Austria – will den Weg von den kleinbäuerlichen Betrieben in Entwicklungsländern zu den Konsument/innen hierzulande möglichst kurz halten. Freilich: Um zu entsprechenden Umsätzen zu kommen und damit spürbar die Lebenssituation der kleinbäuerlichen Betriebe zu verbessern, braucht es auch Zusammenarbeit mit den Handelsketten. „Das ist unsre Hoffnung, dass die Leute mehr über Gerechtigkeit nachdenken“, sagt Ablöscher. Für den Eckpunkt Umweltgerechtigkeit erörterte Kuno Haas, Geschäftsführer von „Grüne Erde“ in Scharnstein, die Firmenidee: Bei dem 1993 mit dem Verkauf einer umweltgerecht erzeugten Matratze, der „Weißen Wolke“, gegründeten Unternehmen steht die Ökologie ganz oben. Höchste ökologische Standards haben ihren Preis. Zwar sind Produkte viel langlebiger, aber gerade für die ärmere Bevölkerung scheinen sie unerschwinglich. Wie wird umweltbewusstes Handeln auch für Einkommensschwache möglich? Eine Herausforderung, die bleibt.
Papst Franziskus und Konsum. Der Konsum-Schwerpunkt der Theologischen Privatuniversität liegt ganz auf der Linie von Papst Franziskus. In der Enzyklika „Laudato si’“ (2015) ruft er zum weltweiten Nachdenken darüber auf. Lebensqualität ist für ihn verbunden mit einem „Lebensstil, der fähig ist, sich zutiefst zu freuen, ohne auf Konsum versessen zu sein“. Genügsamkeit bedezue nicht weniger Leben, sie sei befreiend. „Man kann wenig benötigen und erfüllt leben“, meint er. «