„Das Land der Verheißung. Die theologische Bedeutung des Landes Israel in jüdischer und christlicher Sicht“ – zu diesem Thema referierte zum Tag des Judentums, am 14. Jänner 2010, der Linzer Alttestamentler Univ.-Prof. Franz Hubmann.
Das Land, das Gott Abraham und seinen Nachkommen verheißen hat – wie es im Buch Genesis 12,7 und an vielen anderen Stellen heißt –, ist ein zentraler Bestandteil der Bibel, einer biblischen Theologie und auch der jüdischen Religion. Daran gibt es nichts zu deuteln. Wenn man auf die Auseinandersetzungen um das Land zwischen den jüdischen Siedlern und der palästinensischen Bevölkerung schaut, war die beim Tag des Judentums angesprochene Problematik brandaktuell. Denn häufig gebrauchen Siedler die Bibel wie eine Besitzurkunde, wenn es gilt, palästinensische Dörfer zu enteignen.
Zurückhaltender Gottesbezug. Natürlich ist die Frage naheliegend, ob die Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 nicht doch etwas mit den Landverheißungen der Bibel zu tun hat. Wenn nach der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 dem jüdischen Volk wieder Land gegeben wird, haben viele gläubige Juden – nach dem Holocaust – in der Staatsgründung ein Wunder und die Erfüllung der Zusagen Gottes gesehen. Aber eben nur viele Juden deuteten das Ereignis religiös, bei Weitem nicht alle. Das findet in der Unabhängigkeitserklärung ihren Niederschlag, die auffallend zurückhaltend mit dem Bezug zu Gott umgeht. Es heißt, dass der Staat Israel kraft des „natürlichen und historischen Rechts des jüdischen Volkes und aufgrund des Beschlusses der UNO-Vollversammlung“ errichtet wird. Für die Bezeichnung Gottes verwendet man eine Umschreibung. Man vertraut den neuen Staat „dem Fels Israels“ an, wie Gott in 2 Sam 23,3 genannt wird. Orientieren will sich der Staat an Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden, wie das die Propheten der Bibel immer wieder von den Herrschern eingemahnt haben.
Kein Gottes-Staat. „Der Staat Israel ist nicht mit dem verheißenen Land der Bibel gleichzusetzen“, betont Hubmann: „Israel ist aus der Sicht von aufgeklärten Christen kein wie immer gearteter religiöser Staat und wie jedes andere Land auch an das Völkerrecht gebunden.“ Während evangelikale Gemeinschaften, aber auch evangelische Theologen im Staat ein konkretes „Zeichen der Treue Gottes zu seinem Volk“ sehen, ist die katholische Kirche mit solchen Urteilen sehr zurückhaltend. Wo die katholische Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil im Gegensatz dazu aber sehr eindeutig ist, ist die Ablehnung jeder Form des Antisemitismus.
ZUR PERSON
Franz Hubmann
Dr. Franz Hubmann ist seit 1983 Universitätsprofessor für Altes Testament an der Katholisch- Theologischen Privatuniversität Linz. Nach dem Sommersemester 2010 wird Hubmann emeritiert. Generationen von Student/innen hat er für die Bibel begeistert. Er betreute zahlreiche Diplomarbeiten und eine Dissertation. „Als Alttestamentler lebe ich berufsmäßig ständig im Advent. Wenn man den Weg vom Alten ins Neue Testament sucht, geht das nur über die Beschäftigung mit dem Judentum.“ Prof. Hubmann besucht auch häufig die Gottesdienste in der Linzer Synagoge, in der unmittelbaren Nachbarschaft zur KTU: „Es ist wichtig, konkret die Erfahrung zu machen, was gemeinsam ist und was uns trennt.“ Prof. Hubmann stammt aus der Steiermark, wohnt in Gallneukirchen und wird dort auch nach der Emeritierung bleiben.