Ausgabe: 2010/05, Grundsicherung, Universität, Bildung, Geld, Semester, Julia Sageder, Susi Aichinger
03.02.2010
Eines der spannendsten Semester seit es Unis gibt, geht zu Ende. Was die Proteste gebracht haben und wieso jeder Studierende staatliche Unterstützung braucht, erzählen die ÖH-Vorsitzenden Julia Sageder und Susi Aichinger.
Zu wenig Geld für die Unis, schlechte Studienbedingungen. „Die Uni brennt“ war das Motto der Besetzungen im Herbst.Ist der Brand schon gelöscht? Julia Sageder: Die Uni brennt nach wie vor. Es ist nur jetzt ein bisschen Ruhe eingetreten, weil auch die Besetzer/innen ein paar Prüfungen schaffen müssen. Die JKU ist aber nach wie vor besetzt.
Die Methode der Besetzung war für euch okay? Susi Aichinger: Protest gehört für mich zum Studieren dazu. So ein bisschen einen revolutionären Geist hineinzubringen.
In Linz war der große Hörsaal nur kurz besetzt. Sageder: Viele Leute haben gesagt, wir unterstützen euch, aber wir müssen unsere Prüfungen schreiben. Für die Studiengebührenregelung ist es egal, ob eine Besetzung stattfindet oder nicht. Die Leute müssen weiterkommen. Außerdem wurde auf Grund der Prüfungszeit der große Hörsaal 1 dringend benötigt, daher findet die Besetzung in einem kleineren Seminarraum statt.
Also neben dem revolutionären auch ein pragmatischer Ansatz. Aichinger: In Linz ist es relativ gesehen noch besser, was die Studienbedingungen betrifft.
Wo zwickt es dennoch? Aichinger: Wir haben heuer 20 Prozent mehr Erstsemestrige gehabt. Dafür sind zu wenig Räume da, Kurse finden teilweise in den Studentenheimen statt oder per Videoübertragung in mehrere Hörsäle gleichzeitig.
Und die zusätzlichen Hörsaalmillionen, die auf Grund der Proteste lockergemacht wurden? Aichinger: Mit den drei Millionen für die Uni Linz kann man kein Gebäude bauen. Höchstens den Plan dafür zeichnen lassen.
Studiengebühren, wie sie die neue Wissenschaftministerin Beatrix Karl fordert, würden den Unis mehr Geld bringen? Sageder: Die Frage, die man sich stellen muss, ist, ob sich durch die Einführung der Studiengebühren merklich an den Unis etwas verbessert hat. An der JKU war keine Verbesserung der Situation zu spüren, eher sogar eine Verschlechterung. Somit ist eine Wiedereinführung der Studiengebühren nicht gerechtfertigt, da der Sinn und Zweck nicht erfüllt wurde.
Muss man sich nicht sowieso bald vom freien Hochschulzugang verabschieden? Aichinger: Sicher nicht, solange wir keine höhere Akademikerquote haben als jetzt. Da muss mehr Geld investiert werden, damit mehr Leute studieren.
Was könnte die neue Wissenschaftsministerin besser machen als ihr Vorgänger? Aichinger: Mehr Geld für die Unis erstreiten. Wir sind die Zukunft Österreichs. Und sich für bessere Absicherung für Studierende einsetzen, damit sie sich voll auf ihr Studium konzentrieren können und nicht nebenbei jobben müssen. Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise und hoher Arbeitslosigkeit ist das wichtig. Eine Idee wäre ein Grundstipendium in Höhe des Existenzminimums für jeden Studierenden.
Wenn ihr eine Woche Wissenschaftsministerin sein könntet: Was würdet ihr tun? Sageder: Es ist leider Gottes so: Wenn wir in einer Woche was verändern würden, man würde die Auswirkungen erst in 20 Jahren sehen. Man kann nicht nur bei den Universitäten was verändern, wenn das Bildungssystem so wie in Österreich komplett unterm Hund ist. Man muss viel langfristiger denken und da sind wir wieder bei der Kurzfristigkeit der Hörsaalmillionen. Ein Tropfen auf dem heißen Stein.
„Man kann nicht nur etwas bei den Unis verändern, wenn das ganze Bildungssystem unterm Hund ist.“
ÖH-Vorsitz
Julia Sageder (23) und Susi Aichinger (23) bilden gemeinsam mit Florian Humer das Vorsitzteam der Österreichischen Hochschülerschaft an der Johannes Kepler Uni Linz (15.000 Studierende).
Sageder gehört der Unabhängigen Fachschaftsliste an, Aichinger dem Verband Sozialistischer StudentInnen.