Die heurige Jahrestagung der Initiative Christlicher Orient (ICO) blickte Anfang der Woche von Salzburg aus mit Sorge auf die Entwicklungen im Nordirak. Louis Raphaël I. Sako, Oberhaupt der chaldäisch-katholischen Kirche, zeichnete im Pressegespräch das Bild einer ungewissen Zukunft.
Ausgabe: 2017/39
26.09.2017
- Heinz Niederleitner
Die heurige Jahrestagung der Initiative Christlicher Orient (ICO) blickte Anfang der Woche von Salzburg aus mit Sorge auf die Entwicklungen im Nordirak. Louis Raphaël I. Sako, Oberhaupt der chaldäisch-katholischen Kirche, zeichnete im Pressegespräch das Bild einer ungewissen Zukunft.
„Die Zukunft liegt für uns völlig im Dunklen“, sagte der Patriarch am Montag in Hinblick auf das zur selben Zeit laufende Referendum der Kurden im Nordirak über einen unabhängigen Staat. Damit meinte Sako offenbar weniger den Ausgang der Abstimmung als die Auswirkungen auf die christliche Minderheit in der Region.
Das Referendum der kurdischen Autonomieregierung wird von der Zentralregierung in Bagdad, von den Nachbarn Iran und Türkei abgelehnt. Befürchtet wird eine gewaltsame Reaktion innerhalb des Irak. Auch Patriarch Sako sagte: „Ich bin sehr besorgt, dass es wieder Gewalt geben könnte.“ Er hätte es vorgezogen, wenn Fragen wie jene des Referendums nach dem Wiederaufbau diskutiert worden wären.
Abwarten
Vor nicht allzu langer Zeit hatte es einen Hoffnungsschimmer für die Christen gegeben: Die Ninive-Ebene war von den IS-Terroristen befreit worden und die Christen fassten den Wiederaufbau ihrer Dörfer ins Auge. Mit der „Aktion Heimkehr“ wollen die ICO, die Arbeitsgemeinschaft katholischer Verbände, Christian Solidarity International Österreich und die Kardinal-König-Stiftung den Wiederaufbau des Dorfes Baqofa ermöglichen. Nun müsse die weitere Entwicklung abgewartet werden, sagte Sako beim Gespräch im Bildungshaus St. Virgil.
Träume
Angesichts der Situation der christlichen Minderheit im Irak zwischen kurdischen, schiitischen und sunnitischen Kräften wird von manchen der Vorschlag einer Sicherheitszone oder einer christlichen Autonomie diskutiert. „Seien wir realistisch: Das ist ein Traum“, sagte dazu Patriarch Sako. Die christliche Minderheit sei zu verletzlich, um sich selbst verteidigen zu können.
Was die Christen, aber auch andere Minderheiten in der Region heute brauchen würden, sei derzeit vor allem moralische und spirituelle Unterstützung. Es gehe für Europa darum zu zeigen, dass man an der Seite der Christen im Irak stehe und gegebenenfalls auch die eigenen Regierungen zum Handeln in Richtung Befriedung bewege. „Ich kann nur sagen: Betet für uns“, fasste der Patriarch zusammen. Vor falschen Vorstellungen über die Niederlage des IS warnte Sako: Dieser Terrorismus sei vielleicht geografisch besiegt, aber ideologisch noch sehr stark. «
Analyse
Papst-Kritiker
Am Wochenende wurde ein Brief an den Papst veröffentlicht, der eine förmliche „Zurechtweisung“ des Papstes, vor allem der Geschiedenenpastoral in seinem Schreiben „Amoris laetitia“ enthält: Eine Gruppe sehr konservativer Personen wirft Franziskus vor, Häresien zu verbreiten.
Ein Blick auf die Absenderliste ordnet die Bedeutung des Textes ein, der dem Papst auch Modernismus und Sympathie für Luther vorwirft. Da stehen zum Beispiel der Historiker Roberto de Mattei, der eine sehr konservative Geschichte des Zweiten Vatikanischen Konzils publiziert hat; oder der Schriftsteller Martin Mosebach, der dem Konzil liturgisch kritisch gegenübersteht; oder der Chef der Piusbruderschaft, Bernard Fellay – die Bruderschaft steht wegen der Ablehnung wichtiger Konzilslehren nicht in voller Gemeinschaft mit der Kirche. Mit Thomas Stark wird aber auch ein Professor der Hochschulen der Diözese St. Pölten und des Stiftes Heiligenkreuz als Unterzeichner des Dokuments genannt, das auch Kardinal Schönborn indirekt kritisiert.
Projekt. Man sollte nicht unterschätzen, dass das Erneuerungsprojekt des Papstes noch nicht abgeschlossen und daher auch noch nicht abgesichert ist. Erst vergangene Woche wurde das „Institut Johannes Paul II. für Studien zu Ehe und Familie“ strukturell auf neue Füße gestellt. Dabei geht es dem Papst offenbar darum, neue Wege in der Ehetheologie einzuschlagen, ohne in Konflikt mit Aussagen von Johannes Paul II. zu kommen.