Bei Drucklegung war es noch nicht offiziell, aber die Domspatzen pfiffen es schon vergangenen Freitag vom Dach: Die Diözese Innsbruck dürfte mit Hermann Glettler einen neuen Bischof bekommen.
Nach Alois Kothgasser wird der 52-Jährige bereits der zweite gebürtige Steirer auf dem Innsbrucker Bischofsstuhl, auf dem er als insgesamt fünfter Bischof Platz nimmt – und damit das Amt für 385.000 Katholik/innen antritt. Der Großteil von Nordtirol (das Gebiet östlich des Ziller gehört zur Erzdiözese Salzburg) sowie Osttirol umfasst das Diözesangebiet. Neben ländlichen Regionen bildet Innsbruck einen urbanen Bereich.
So vielseitig wie die Diözese erscheint auch ihr neuer Bischof (siehe dazu auch den „Kopf der Woche“ auf Seite 2): Zwischen Kunst und Religion, sehr offener, praxisorientierter Seelsorge und festem Glaubensfundament, Zugehen auf Fernstehende und Zuwanderer liegt das Bild, das Glettlers bisherige Tätigkeiten vermittelt.
Fromm
In der Seelsorge werden ihm Attribute wie mutig, innovativ, missionarisch und unkonventionell zugeschrieben, im persönlichen Leben Unkompliziertheit und Bescheidenheit. Ein sehr interessanter Zug ist, dass Glettler auch als Künstler arbeitet (mit eigener Homepage: www.hermannglettler.com).
„Bewegungen“
Glettler ist bereits der zweite österreichische Diözesanbischof, der aus einer der neuen geistlichen Gemeinschaften der Kirche (oft bezeichnet als „movimenti“ – „Bewegungen“) kommt: Der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl gehört der Fokolarbewegung an. Glettlers Gemeinschaft Emmanuel entstand 1976 aus einer Gebetsgruppe der Charismatischen Erneuerung. In Österreich bekannt wurde sie im Zuge der sogenannten Stadtmission 2003 in Wien. Anbetung, Mitleiden und Evangelisierung werden als zentrale Punkte genannt. Anbetung meint laut der Gemeinschaft, dass sich die Mitglieder regelmäßig Zeit für die Eucharistiefeier, Anbetung, Gebet und Lobpreis nehmen. Beim Mitleiden gehe es darum, dass Christus die Mitte des Lebens ausmacht. So wachse die Sehnsucht, eine echte Solidarität mit den Menschen zu leben. Zur Evangelisation heißt es: „Emmanuel wendet sich vor allem denen zu, die Gott nicht kennen, und eröffnet auf diese Weise eine neue Auseinandersetzung mit dem Glauben.“ In der Diözese Graz-Seckau freut man sich zwar über die Ernennung Glettlers. Aber den Steirern geht eine Person verloren, mit der im diözesanen Zukunftsprozess gerechnet worden war.