Schon der Titel des Buches lässt aufhorchen, denn die Wortwahl von Hanne Seemann versetzt den Leser zunächst in die Welt bedrohter Tierarten. Und tatsächlich macht sie sich Sorgen um die Spezies „Mann“.
„Ja, ich halte die Gattung Männer tatsächlich für bedroht“, betont Seemann und sie weiß, dass sie damit provoziert. In einer weiblicher werdenden Welt schreibt sie gegen den Trend der Gleichmacherei und bestärkt die Männer darin, ihre männlichen Eigenschaften wieder mehr schätzen zu lernen. Angesichts der Tatsache, dass Männer „derzeit als überflüssig, minderbemittelt und sowohl von der Natur als auch als Folge des Feminismus als benachteiligt gelten“ (Zitat aus dem Vorwort des Buches), sei eine Zusammenschau der Fakten mehr als notwendig, ist die Psychologin überzeugt.
Was ist mit den Männern los? Sie stellt die Frage mit dem Blick darauf, dass Burschen schon im Schulbereich nicht so gut zurechtkämen, hyperaktiv seien oder Konzentrationsstörungen hätten. In Medien und Büchern würden Frauen den Männern Vorschriften machen, anstatt ihnen „artgerecht“ zu begegnen. „Es gibt Dinge, worin Männer gut sind. Es gibt aber auch Dinge, die man von ihnen nicht verlangen sollte“, gibt Seemann zu bedenken.
Männer müssen „tun können“. Funktionalität und Körperlichkeit bestimmen ganz wesentlich das Handeln der Männer, so Seemann. Buben kämpfen und rangeln, Männer tragen Machtkämpfe aus – die oft mehr Spiele als Kämpfe sind – und führen Funktionsgespräche („Wie funktioniert was?“). „Es wäre so wichtig, dass Erzieherinnen und Mütter es ermöglichen, dass Jungen ihre männlichen Eigenschaften entwickeln können“, plädiert Seemann. Und weiter: „Lassen wir doch den Männern ihre Lebensräume mit Autos und Werkzeugen.“ Genauso wie Frauen ihre Freundinnen zum Tratschen haben, brauchen Männer ihre Spielwiesen, egal ob zum Sport oder zum Diskutieren.
Das „Männliche“ im Menschen. Die Manifestation von speziell männlichen Lebens- und Denkweisen findet sich häufiger bei Männern, sei aber auch in zunehmendem Maße bei Frauen zu finden, so Hanne Seemann. Heute kann ein Mann aber auch zu seinen weiblichen Seiten stehen und diese ausleben, der Zeitgeist erlaubt es. Die Psychologin hält es aber ausdrücklich nicht für wünschenswert, dass Männer weiblicher und Frauen männlicher werden sollten. Gleichberechtigung der Geschlechter bedeutet für sie nicht Gleichheit. Im Gegenteil: Ihr Anliegen ist die Anerkennung der Verschiedenheit und der individuellen Unterschiedlichkeit. Anstatt des ständigen Bemühens, es den Frauen immer recht zu machen, rät sie den Männern, ihre Beziehungen authentisch zu gestalten, mit viel Vertrauen und Ehrlichkeit zu sich selbst.
Pause in der Koedukation. Hanne Seemann möchte zwar keine „Reservate“ für Männer, hält es aber in der Sozialisation, vor allem in der Zeit der Pubertät für sinnvoll, Buben und Mädchen getrennt voneinander zu unterrichten. Damit würde das männliche Identitätsgefühl gestärkt.
Väter sind keine neuen Mütter. Väter sollten ihre Kinder so oft wie möglich an Dingen teilhaben lassen, die sie selbst gern tun. „Damit schafft man ganz wertvolle gemeinsame Erinnerungen. Das ist doch das, was bleibt!“ Dafür, dass Männer für die Familie hinausgehen und Geld verdienen, fordert sie im Gegenzug mehr Wertschätzung von den Frauen und den Kindern. Denn diese Wertschätzung sei Basis für die gegenseitige Liebe.
Männer in Österreich
- 43 Prozent der 2010 geschlossenen Ehen werden (bei konstant bleibenden Scheidungsraten) wieder geschieden.
- Von insgesamt 177.000 Alleinerziehenden (unter 27 Jahren) sind elf Prozent Männer.
- 157.000 Kinder leben bei einem Elternteil, nur 10.000 davon beim Vater.
- 41 Prozent der Männer kochen, 34 Prozent kaufen ein, 7 Prozent waschen ihre Wäsche.
- 96,3 Prozent der Männer mit Kindern unter 15 Jahren sind erwerbstätig. 5 Prozent der Männer mit Schulkindern arbeiten Teilzeit.
- 83 der 5633 Kinderkrippen-Betreuer/innen und 329 der 31.636 Kindergarten-Betreuer/innen sind männlich.
Quellen: Familie in Zahlen 2011, Österreichisches Institut für Familienforschung. Statistik Austria.