Es geht um ein einziges Wort bei der Wandlung: „Das ist mein Blut …, das ,für alle‘ oder ,für viele‘ vergossen wird.“ Doch der Papst weiß, es geht dabei um mehr als um eine Übersetzungsfrage. Deshalb schreibt er einen ausführlichen Brief an die Bischöfe.
Ausgabe: 2012/18, Papst, Papstbrief, Wandlungsworte, Messbuches, Bischofskonferenz, Robert Zollitsch,
02.05.2012
- Hans Baumgartner
Es geht um ein einziges Wort bei der Wandlung: „Das ist mein Blut …, das ,für alle‘ oder ,für viele‘ vergossen wird.“ Doch der Papst weiß, es geht dabei um mehr als um eine Übersetzungsfrage. Deshalb schreibt er einen ausführlichen Brief an die Bischöfe.
In der deutschen Ausgabe des „römischen Messbuches“ wird seit 1969 das Kelchwort Jesu bei der Wandlung mit „Das … ist mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird“ übersetzt. Im römischen Messbuch heißt es entsprechend der Überlieferung bei den Evangelisten Markus und Matthäus „… das für viele vergossen wird“. So steht es auch in der deutschen Einheitsübersetzung des Neuen Testaments. In seinem Brief an die deutschsprachigen Bischöfe macht Papst Benedikt deutlich, dass es sich bei der Formulierung „für alle“ nicht um eine „reine Übersetzung“, sondern um eine Interpretation, eine Auslegung handelt, „die sehr wohl begründet war und bleibt“. Dennoch verfügt er, dass in Hinkunft im Kanon des deutschen Messbuches die Übersetzung „für viele“ zu verwenden ist. Er begründet das mit der Ehrfurcht vor dem Wort Jesu, wie es in den Evangelien überliefert ist.
Spannung. Der Papst weiß, dass es in dieser Frage nicht bloß um ein Wort und dessen angemessene Übersetzung geht, sondern dass dahinter auch ein seit langem schwelender theologischer Konflikt steht, wem das von Christus kommende Heil gilt: allen oder nur Auserwählten. Und da macht Benedikt, wie auch schon in seinem zweiten Jesus-Buch, unmissverständlich deutlich: „Dass Jesus Christus als menschgewordener Sohn Gottes der Mensch für alle Menschen, der neue Adam ist, gehört zu den grundlegenden Gewissheiten unseres Glaubens. Ich möchte dafür an drei Schrifttexte erinnern: Gott hat seinen Sohn ,für alle hingegeben‘, formuliert Paulus im Römer-Brief (8, 32). ,Einer ist für alle gestorben‘, sagt er im zweiten Korinther-Brief über den Tod Jesu (5, 14). Jesus hat sich ,als Lösegeld hingegeben für alle‘, heißt es im ersten Timotheus-Brief (2, 6).“ Auch unter Bezugnahme auf die von Paulus und Lukas überlieferten Einsetzungsworte (1 Kor 11, 24; Lk 22, 19f.), wo Jesus sagt, „das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird …“, geht der Papst ausführlich auf die Spannung zwischen der ganz persönlichen Ansprache Jesu an jede und jeden an seinem Tisch einerseits und seine universelle Heilssendung andererseits ein. „So können wir erkennen, dass die Dialektik ,viele‘ – ,alle‘ ihre eigene Bedeutung hat. ,Alle‘ bewegt sich auf der ontologischen Ebene – das Sein und Wirken Jesu umfasst die ganze Menschheit. Aber faktisch, geschichtlich in der konkreten Gemeinschaft derer, die Eucharistie feiern, kommt er nur zu den ,vielen‘. Wie der Herr die anderen – ,alle‘ – auf seine Weise erreicht, bleibt letztlich sein Geheimnis.“
Katechese. Der Papst ist sich freilich auch bewusst, dass die Änderung der Wandlungsworte, bei allen sachlichen Gründen, eine große Herausforderung bleibt. „Denn für den normalen Besucher des Gottesdienstes erscheint dies fast ein Bruch mitten im Zentrum des Heiligen. Sie werden fragen: Ist nun Christus nicht für alle gestorben? Hat die Kirche ihre Lehre verändert? Kann und darf sie das? Ist hier eine Reaktion am Werk, die das Erbe des Konzils zerstören will?“ Man wisse aus den letzten 50 Jahren, dass Veränderungen in der Liturgie die Menschen beunruhigen. Deshalb, so der Papst, ist das Vorausgehen einer gründlichen Katechese „die Vorbedingung für das Inkrafttreten der Neuübersetzung“.