Mission zuerst – darauf laufen die zehn Thesen für die Zukunft der Kirche hinaus, die eine Initiative als „Mission Manifest“ veröffentlicht hat. Einer der Initiatoren ist Missio-Nationaldirektor Pater Karl Wallner. Im Interview sagt er, was die Kirche in Mitteleuropa laut dem Manifest für ein Comeback tun müsse.
Ausgabe: 2018/03
16.01.2018 - Heinz Niederleitner
An wen wendet sich Ihr „Mission Manifest“? An alle Christen oder speziell an die römisch-katholische Kirche?Pater Karl Wallner: Es ist eine Botschaft an die katholische Kirche – also an uns selbst. Das Zweite Vatikanische Konzil hat die Bedeutung der missionarischen Kirche betont. Auch Papst Franziskus legt großen Wert darauf. In meiner Arbeit bei den Päpstlichen Missionswerken „Missio“ sehe ich den Aufbruch der Kirche in den Ländern des Südens. Dort geht man hinaus und bewirbt den Glauben. Bei uns habe ich das Gefühl, dass man eher die Palliativstation der Kirche organisiert. Dabei sehen wir doch, wie Leute zu begeistern sind, wenn man ihnen zeigt, dass Gott Sinn, Leben und Freude stiftet.
In Ihrem Manifest beschreiben Sie das Wegbrechen des Kulturchristentums. Aber wie viel Glaube steckte darin, wenn früher viele Menschen nur in die Kirche gegangen sind, „weil sich das so gehört“? Wallner: Das Kulturchristentum ist eine Chance. Wenn Menschen zwar zur Beichte gehen, aber die Beichten inhaltlich substanzlos sind, kann ich ja deshalb nicht die Beichte abschaffen. Ich muss vielmehr dafür sorgen, dass dieses Skelett, das noch da ist, Fleisch und Saft bekommt: Das ist unser genereller Appell an die katholische Kirche. Schauen wir uns die Zuwächse bei den Freikirchen an. Die haben die jungen Leute, weil sie ungeniert gläubig sind. Wir müssen die missionarische Mentalität zurückerobern, die am Ursprung der Kirche stand.
In der konkreten Mission werden kirchenkritische Menschen sagen, die Kirche hänge einem „unsinnigen Zölibat“ an und missachte die Rechte der Frauen mit der Absage an das Frauenpriestertums...Wallner: Da muss man sagen: Wir können als Kirche nicht alles machen, was man dauernd von uns will. Es ist klar, dass man bei der Mission nicht bei allen ankommt und auch scheitern wird. Es gibt aber einen hohen Prozentsatz von Menschen, die von ihren Vorurteilen der Kirche gegenüber schnell heruntersteigen, wenn man ihnen ein positives Angebot macht. Sinn, ewiges Leben, Sündenvergebung – wir weisen zu wenig darauf hin!
Österreichs Diözesen haben Zukunftsprozesse laufen. Wie passt Ihre Initiative dazu?Wallner: Es geht uns um eine Verstärkung des Appells von der Kirchenleitung, eine missionarische Kirche zu sein. Denn jeder kann etwas tun. Wenn man den Menschen einfach nur sagt, sie sollen Mission machen, dann haben viele Angst. Man muss nämlich dazu sagen, was man konkret machen kann und zur Nachahmung gelungener Initiativen aufrufen.
Ihr Manifest ist offenbar geprägt von dem Charisma neuer geistiger Bewegungen. Aber was ist mit der Pfarre?Wallner: Unsere Pfarren sind völlig unverzichtbar und man darf nie eine Konkurrenz zu den neuen geistlichen Bewegungen aufbauen. Aber die Pfarren müssen sich selbst neu verstehen: Sie sind kein territorialer Verein, der nette Sachen macht. Sie sind eine Gemeinschaft, der es darum geht, möglichst viele Menschen in eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus zu bringen. Ich war selbst Pfarrer und habe auch Flohmärkte, Pfarrkaffees und anderes mehr organisiert. Das würde ich jederzeit wieder machen. Aber insgesamt betrachtet sind Pfarren Missionszentren.
In ihrem Manifest fehlt die politisch-gesellschaftliche Dimension der Kirche, zum Beispiel die Option für die Armen. Warum?Wallner: Das haben wir weggelassen, weil wir das Gefühl haben, dass das schon funktioniert. Ein Manifest kann nicht alles sagen und in der sozialen Dimension ist die Kirche ohnehin stark.
Sieht man die Erstunterzeichner Ihres Manifests unter www.missionmanifest.online an, werden nicht wenige sagen: Das ist der „charismatisch-konservative Teil“ der Kirche. Hoffen Sie auf Unterstützung durch den „progressiven“ Teil?Wallner: Was die Erstunterzeichner eint ist, dass wir alle persönlich fromm sind. Wer sich engagiert – ob links oder rechts, konservativ oder progressiv –, dem geht es immer um Kirche und Glaubensweitergabe. Nur die Mittel sind verschieden. Unsere Initiative ist keine kirchenpolitische Unterschriftenaktion, sondern es geht darum, aus der Liebe zu Christus missionarisch und ungeniert gläubig zu sein. Wenn Christus die Mitte ist, brechen Flügelkämpfe zusammen. «