BRIEF_KASTEN
Die Herbstzeitlose. Die Chrysantheme. Und – da schau her – immer noch das Gänseblümchen. Der Herbst ist wahrlich keine Blütezeit. Das massenhafte Aufblühen ist längst vorbei. Als wollten sie eine besondere Botschaft bringen, blühen einige erst jetzt. Etliche Arten werden sich sogar vom Schnee nicht abhalten lassen und mitten im Winter blühen – nicht als Eisblumen am Fenster aus der Zeit, da es noch keine Zentralheizung gab. „Ihr lacht wohl über den Träumer, der Blumen im Winter sah“, heißt es dazu in Franz Schuberts „Winterreise“ nach den Gedichten von Wilhelm Müller. Echte Blumen sind es – als wollten sie sagen: Es ist möglich. Sogar jetzt.
Es ist keine Kunst, im Strom mitzuschwimmen, wenn alle es tun: Voller Optimismus, wenn alle frohen Mutes sind, und dann wieder furchtbar empört, wenn die ganze Tischgesellschaft ihren Missmut äußert.
Stell dir vor, es ist anders! Diese Botschaft rufen Herbstzeitlose, Chrysantheme und dieses so unverdrossene Gänseblümchen in den Sinn. Es zählt nicht nur, was du im Moment erlebst. Sie wird kommen – die neue Blütezeit.
An einer dieser spätblühenden Arten haben Menschen besonders Gefallen gefunden. Die leuchtende Chrysantheme schmückt ihre Gräber. Ein zweifaches Leuchten ist es: Ein Erinnerungsleuchten an die Liebe, die sie mit den Menschen verbindet, die hier begraben liegen – und ein Herüberleuchten aus jener anderen Welt, die im Glauben und Hoffen den Menschen erwartet. Schubert und Müller haben schon recht: Ihr lacht wohl über den Träumer, der Blumen im Winter sah. Dann aber wirklich!
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