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Die beiden älteren Asiatinnen werfen sich vor dem Barockhaus vergnügt in Pose. Keine zehn Meter kommen sie weit, bis der nächste Schnappschuss fällig ist. Malerische Motive gibt es in der Unesco-Weltkulturerbestadt Krumau an jeder Ecke. „Oh, diesen Asiaten“, sagt unser tschechischer Stadtführer deutlich genervt. Zwei Millionen Touristen strömen pro Jahr in die 13.000-Einwohner-Stadt an der Moldau, die meisten aus China, Japan, Korea. Krumau lebt und leidet mit dem Tourismus. Die Bewohner der Innenstadt ziehen weg, Hunderte Wohnungen stehen im Zentrum leer. Interessant ist der Zugang eines Kunstprojekts, das heuer umgesetzt wird. Per Inserat werden Singles und Familien gesucht, die mitten in der touristischen Hochsaison von den äußeren Bezirken Krumaus ins Zentrum ziehen. Gegen Bezahlung sollen sie ein Alltagsleben führen. Denn wenn Kinder auf den Straßen spielen oder jemand die Wäsche auf die Leine hängt, wirkt die Stadt nicht mehr so sehr wie ein großes Museum. Gerade Touristen sehnen sich nach dieser „Echtheit“. Letztendlich wird damit die sehr aktuelle Frage aufgeworfen, wie ein normales Leben in einer überlaufenen Tourismus-Hochburg vielleicht aussehen könnte.
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