KOMMENTAR_
Ganz hinten, wo man kaum einmal hinkommt, blüht es: ein Löwenmäulchen. Vom nahen Kompost muss es sich selbst ausgesät haben. An diesem Platz wird es mit seiner Schönheit kaum auffallen oder gar damit prahlen können. Kaum jemand wird es dort zu Gesicht bekommen.
Es gibt soviel Schönheit auf der Welt, die nie jemand wahrnimmt – und nicht nur Schönheit. Auch Gutes. Und Hoffnungsvolles. Forscher sagen, die Tiefen der Meere zum Beispiel bergen noch viele erstaunliche Lebensformen, die noch nie jemand zu Gesicht bekommen hat.
Ein Mensch in seinem Leben – nur einen ganz kleinen Teil der Schöpfung vermag er wahrzunehmen und selbst zu erleben. Das meiste bleibt ihm verborgen. Für immer mehr Menschen rückt auch die Religion mehr und mehr in den Bereich des ihnen Unbekannten.
Sie kennen sie nur vom Hörensagen. Sie reden wie von etwas Gestrigem. Ein von einem Chor wunderschön gesungenes Sanctus; eine mit Sorgfalt vorbereitete Predigt; eine gemeinsam gehaltene Stille im Raum; einen Segen; auch den Anstoß zu Gewissensprüfung und Umkehr. Sie erleben das nicht. Es ist wie ein Blühen, von dem sie nichts ahnen.
Da steht also das Löwenmäulchen, das sich selbst ausgesät hat. Auch wenn kaum jemand es wahrgenommen hat: Es hat trotzdem geblüht.
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