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Wenn der Schwache stark ist

Kunst & Kultur

Hass, Hetze und Krieg prägen seit Jahrtausenden die Geschicke der Menschheit. Lösungen für den Frieden brauchen Demut und ein offenes Herz. Wie aktuell das Stück „Jeremias“ von Stefan Zweig ist, erzählt Franz Strasser, Regisseur des Theaters Vogelweide. Premiere ist am 10. November 2018.

 

Ausgabe: 45/2018
06.11.2018
- Das Gespräch führte Elisabeth Leitner
Jeremias im Gespräch mit seiner Mutter. Es fällt ihr schwer, seinen radikalen Weg zu akzeptieren.
Jeremias im Gespräch mit seiner Mutter. Es fällt ihr schwer, seinen radikalen Weg zu akzeptieren.
© www.gewefoto.com

Stefan Zweig hat „Jeremias“ vor 100 Jahren geschrieben. Ist es nicht erschreckend, wie aktuell dieses Stück heute ist?  
Franz Strasser: Wie ein Krieg vorbereitet wird und die Mechanismen des Krieges funktionieren, wird in diesem Stück von Stefan Zweig aufgezeigt. Die Mächtigen geben nicht nach, keiner kommt dem anderen ein Stück entgegen. Das Volk wird verhetzt und macht mit bei der Hetze. Ändert sich jedoch die Situation zum Schlechten, sagen alle: „Wir haben keine Schuld.“ Diese Situation, die hier anhand einer Gegebenheit um 600 vor Christus beschrieben wird, ist unverändert so bis heute. Als hätte nie jemand etwas dazugelernt!

 

Welche Rolle hat Jeremias?
Strasser: Er ist ein Mahner, er sieht die Sachen klar, hat aber keine Macht. Im Stück sagt er: „Arm sind meine Worte, Zedekia, nur wissen kann ich, nicht wenden!“ An anderer Stelle sagt er: „Tu auf die Tore, tu auf der Demut dein Herz.“ Wer sein Herz der Demut öffnet, öffnet damit auch einer Lösung für den Frieden das Tor.

 

Was kann man von „Jeremias“ lernen?  
Strasser: Der Schwache ist, wenn er zu seinem Leid steht, auf einmal stärker als der Große. Das lässt ein wenig Hoffnung aufkeimen in der momentanen politischen Situation.

 

Wie hat Ihre Theatergruppe in der Pfarre Wels-Vogelweide das Stück aufgenommen?
Strasser: Ich fand es erstaunlich, dass besonders die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler von dem Stück so angetan waren. Wir sind 13 Spieler, und alle sind mit großer Begeisterung dabei. Viele sind mit den biblischen Texten nicht so vertraut, es ist ein großes historisches Interesse da, sich Wissen anzueignen. Da wird schon mal die „babylonische Gefangenschaft“ gegoogelt. Ich glaube, das, was alle anspricht, ist das Zeitlose dieses Stücks.


Premiere: 10. November 2018, 20 Uhr. Weitere Termine: 16. und 17. 11., 20 Uhr; 18. 11., 15.30 Uhr; 23., 24., 25. 11. und 30. 11., 20 Uhr. Karten: Tel. 0676 906 88 03.

 

 

„Jeremias“ von Stefan Zweig
Am 11. November 1918 ging der Erste Weltkrieg zu Ende. Stefan Zweig schrieb das Stück in den Jahren 1915–1917 als pazifistische Antwort auf den Krieg und griff auf ein biblisches Motiv zurück. Am Beispiel der Belagerung Jerusalems durch die Babylonier und des Falls Jerusalems im Jahr 586 vor Christus zeigt er die Mechanismen des Krieges auf.

 

Theater Vogelweide. Das Theater Vogelweide ist seit 30 Jahren ein Bestandteil der Pfarre Wels-Vogelweide. Regisseur ist der freie Schauspieler Franz Strasser. Für „Jeremias“ wird seit März ein- bis zweimal wöchentlich geprobt.

 

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