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Der in Salzburg und Wien lebende Schriftsteller gibt seiner auch aus familiären Quellen schöpfenden Geschichte aber einen dunkleren Einschlag:
Die Handlung spielt in der Sowjetunion der 1950er Jahre knapp nach Stalins Tod. Die Leningrader Mathematikstudentin Lina befindet sich auf einem unfreiwilligen Arbeitsdienst in der kasachischen Steppe. Ein Telegramm fordert sie auf, nach Hause zu reisen, der Vater sei schwer krank.
Mehr wird Lina erst erfahren, wenn sie am Ende des Buchs in Leningrad ankommt. Dazwischen liegt eine lange Reise, gespickt mit den Absurditäten des realen Sozialismus: So erlebt die Protagonistin am Bahnhof von Pawlodar (heute in Kasachstan) die Eröffnung einer modernen Bedürfnisanstalt durch eine stellvertretende Ministerin für Entwicklung und Fortschritt.
Aber Lina trifft auch auf Menschen und ihre traurigen Geschichten – wie jene ihrer zufälligen Reisegenossin Greta: Gezeugt unter dem Hungerterror während eines Sexualakts als Gegenleistung für Lebensmittel (also in einer Vergewaltigung), uneheliches Kind einer Russlanddeutschen, an die Scholle einer Kolchose gebunden, wagt sie unter falschem Namen den Ausbruch.
Und da ist auch Linas eigene Geschichte: aus einer jüdischen Familie stammend, offiziell gleichgestellt, real benachteiligt in der Sowjetgesellschaft.
Vertlib, dessen erster Roman „Zwischenstationen“ vor 25 Jahren starke autobiografische Bezüge aufwies, erweist sich erneut als grandioser Erzähler mit viel Tiefgang und – trotz allem – Humor. Lesenswert!
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