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„Nach etwas mehr als einer Woche Arbeit auf Lesbos sitze ich hier auf der wunderschönen Frühlingsinsel und frage mich: Was ist das für ein Europa?“, schreibt Brigitte Fischerlehner in einem E-Mail an die Freund/innen in Österreich. Sie war von 1. April bis 1. Mai 2021 – in ihrem Urlaub – für die Hilfsorganisation Medical Volunteers International tätig, die am Rand des Flüchtlingslagers Kara Tepe eine „Mental Health Clinic“ betreibt. Traumatisierte Flüchtlinge finden dort psychologisches Fachpersonal als Ansprechpartner/innen. Was die Therapeutin aus Alberndorf dort an Not und seelischen Verwundungen erlebt hat, ist unvorstellbar. Eine Mutter sagte ihr: „Es tut mir so leid, dass ich meine Kinder auf die Welt gebracht habe. Sie haben es so schwer und das ist meine Schuld.“ Fischerlehners Aufgabe bestand darin – mithilfe von Dolmetscher/innen für Farsi (persisch), Arabisch und Lingali (Kongo) – Erstgespräche mit den Eltern und Kindern zu führen. Nach der Diagnose wurden die Familien therapeutischen Kinder- und Elterngruppen zugeteilt.
Diese Angebote sind wie eine Oase, in der die Kinder zumindest für einige Stunden das Lager hinter sich lassen, Spaß haben und aufatmen können. Denn das Leben im Lager spielt sich auf engstem Raum ab, zwei Familien müssen sich ein Zelt teilen und im Zelt gibt es weder Tisch, Sessel noch Feldbetten. Verlassen darf man Kara Tepe nur für vier Stunden in der Woche. Zu den Erfahrungen der Flucht, die vielfach bereits Traumata bei den Kindern hinterlassen haben, kommt noch die katastrophale Situation im Lager. Die größte Belastung bildet aber die Perspektivenlosigkeit, was die Zukunft betrifft. „Jede einzelne der hier gehörten Geschichten könnte ein ganzes trauriges Buch füllen, und dabei werden Hunderte Geschichten nicht einmal gehört“, schreibt Fischerlehner. „So schwer es mir fällt, euch diese Texte zu schicken, doch Europa, Österreich – wir müssen uns trauen hinzuschauen!“ Für sie ist es völlig klar, dass viele Tausend Flüchtlinge durch die Art und Weise, wie sie leben müssen, struktureller Gewalt durch Griechenland und die EU ausgesetzt sind.
Das hat sie aus Lesbos als ihren Auftrag mit nach Hause genommen: „Wir müssen die österreichische Regierung auffordern, dass sie sich für menschenwürdige Lebensbedingungen im Lager einsetzt. Das ginge ganz einfach.“ Und ein zweiter Schritt müsse sein, Menschen nach Österreich zu holen. „So, wie wir das 2015 geschafft haben, würden wir das auch jetzt schaffen.“
Brigitte Fischerlehner möchte aber – trotz aller Not – nicht aus den Augen verlieren, dass sie reich beschenkt heimgekommen ist. Sie denkt zum Beispiel an ein 11-jähriges afghanisches Mädchen, das aus eigener Initiative eine „Griechisch- Lernklasse“ mit 19 Schüler/innen eröffnet hat. Begegnungen wie diese sind wie ein Schatz, den sie auf Lesbos gefunden hat und der sie zu Hause in ihrem Engagement begleitet und stärkt. «
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