Wort zum Sonntag
Als die Vollversammlung des deutschen Synodalen Wegs 2020 zum ersten Mal zusammentrat, wurde der damalige Präsident des Katholischen Laienrats Österreich, Wolfgang Rank, als Beobachter eingeladen. Seither wurde er von Wolfgang Mazal als Präsident abgelöst, vertritt als Ehrenpräsident aber weiterhin die österreichischen Laienorganisationen beim Synodalen Weg.
Sie haben an den Vollversammlungen des Synodalen Wegs teilgenommen. Die vierte verlief konfliktreicher. Wie haben Sie das erlebt?
Wolfgang Rank: Am Donnerstagabend (8. September, Anm.) wurde über den Text zur Sexualethik abgestimmt. Er enthält Reizthemen wie Anerkennung von anderen Geschlechtern als männlich und weiblich, Homosexualität, wiederverheiratete Geschiedene ... Für manche war es schwierig, dem Text zuzustimmen.
Zum heiklen Moment kam es dadurch, dass sich die Gegner des Textes nicht in die ausführliche Vorbereitung des Texts eingebracht hatten. So ein Text durchläuft mehrere Runden. Die Gegenargumente wurden aber nicht ausgesprochen. Deshalb waren viele überrascht, dass der Text unter den Bischöfen keine Zweidrittelmehrheit erreicht hat. Man muss aber auch sagen: Mehr als die Hälfte der Bischöfe hat dafür gestimmt. Trotzdem haben einige Delegierte aus Enttäuschung den Saal verlassen. Am Abend gab es Aussprachen, sodass man am nächsten Tag weiterarbeiten konnte. Man hat daraus gelernt.
Was hat man gelernt?
Rank: Die Bischöfe wurden gebeten, sich zu äußern, wenn sie mit etwas nicht einverstanden sind. Und die hier übliche Redezeitbeschränkung wurde von einer Minute auf zwei Minuten angehoben.
Das strenge Limit hatte manche davon abgehalten, sich zu Wort zu melden. Über den Text zur Frauenfrage wurde ausführlicher diskutiert. Darin steht ein Bekenntnis zum Frauendiakonat und zu qualifizierten und beauftragten Frauen in der Verkündigung. Es wird der Wunsch geäußert, der Vatikan möge die Erklärung von Papst Johannes Paul II., die Kirche habe endgültig keine Vollmacht, Frauen zur Priesterweihe zuzulassen, noch einmal überdenken.
Außerdem wurde ein synodaler Ausschuss gebildet. Wozu?
Rank: Die Erfahrung des Synodalen Wegs hinterlässt einen guten Eindruck. Bischöfe, Ordensleute und Laien aus verschiedenen Organisationen sitzen gleichberechtigt nebeneinander und tauschen sich aus. Da wird offen geredet, teilweise hart, vielleicht zu hart, aber mit theologischen Begründungen. Der synodale Ausschuss soll einen ständigen synodalen Rat für Deutschland vorbereiten, damit die Form des Austauschs und der Beschlussfassung beibehalten wird.
Der Vatikan ließ vorbeugend wissen, dass so ein Leitungsgremium kirchenrechtlich unmöglich ist.
Rank: Ja, es ist eine Frage, wie es zum bischöflichen Leitungsamt der Kirche passt.
Das Ergebnis könnte eine Frucht des Synodalen Wegs oder des weltweiten synodalen Prozesses sein. Der Synodale Weg unterscheidet übrigens präzise, was ein Bischof entscheiden kann, was die Bischofskonferenz regeln kann und was nach Rom delegiert werden muss. Zu sagen, der Synodale Weg wolle eine Eigenkirche, ist ein unberechtigter Vorwurf. In Mariazell gab es heuer ein Treffen der österreichischen Bischöfe mit den Spitzen von Laienorganisationen, Ordenskonferenz und anderen Einrichtungen. Das geht in diese Richtung! Es muss aber noch institutionalisiert werden. Wird es möglich sein, das in kirchenrechtliche Strukturen zu fassen? Das ist die große Frage.
Was schwebt Ihnen vor?
Rank: Derzeit ist eine Synode kirchenrechtlich eine Versammlung von Bischöfen. Das muss sich ändern. Ich bin Papst Franziskus dankbar, dass er die Frage aufgebracht hat, was „synodal“ eigentlich heißt.
Fortschritte bei den Themen Frauen in der Kirche und kirchliche Leitungskultur sowie große Emotionen bei der Abstimmung zum Thema Sexualethik gab es bei der 4. Vollversammlung des deutschen Synodalen Wegs in Frankfurt am Main (8. bis 10. September).
Eine Achterbahnfahrt der Gefühle war die 4. Vollversammlung des Synodalen Wegs für manche Delegierte. Der erste Abend endete mit einem überraschenden Abstimmungsergebnis: Der Text über katholische Sexualethik – unter anderem zu Methoden der Empfängnisregelung – scheiterte an der nötigen Zweidrittelmehrheit der Bischöfe. Von 57 Bischöfen stimmten 21 dagegen, 3 enthielten sich, 33 waren dafür. Gesamt betrachtet stimmte die Synodalversammlung mit großer Mehrheit für den Text. Es kam zu konfliktreichen Szenen. Nach Abendaussprachen schafften es die 209 Synodalen, die Versammlung am nächsten Tag konstruktiv fortzusetzen.
In der Folge wurden zwei weitere wichtige Themen behandelt und verabschiedet: Ein 32-seitiger Text lädt die Weltkirche ein, die Frage nach Ämtern von Frauen in der Kirche neu zu überdenken. Und mit überwältigender Mehrheit wurde ein synodaler Ausschuss eingesetzt, der die Gründung eines synodalen Rats vorbereiten soll.
Was technokratisch klingt, hat Sprengkraft: Ein synodaler Rat bestünde aus Bischöfen, Priestern und Laien, die Grundsatzfragen der Kirche beraten und beschließen würden. Im Sommer hatte der Vatikan festgestellt, dass ein solches Gremium nie der Bischofskonferenz übergeordnet sein könnte. Das zuständige Forum des Synodalen Wegs behandelt nicht umsonst die heikle Materie „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche“.
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