Wort zum Sonntag
Die Aufgabe der theologischen Expertinnen und Experten beim Synodentreffen war es, Berichte aus den Tischgrup-pen zu sichten, Widersprüche und Übereinstimmungen zu finden und weitere Schritte
vorzuschlagen. Sie leisteten damit Vorarbeit für den Zwischenbericht, der die Beratungen der fast vier Wochen auf 40 Seiten zusammenfasste.
Wenn Sie den Zwischenbericht des synodalen Treffens in Rom lesen – überrascht Sie etwas, oder entspricht er dem, was Sie in den Wochen in Rom erlebt haben?
Klara A. Csiszar: Als ich den synodalen Zwischenbericht zum ersten Mal las, markierte ich mir einige Stellen, bei denen ich unsicher war, ob sie bei der Schlussabstimmung die nötige Zweidrittel-Mehrheit bekommen würden. Dass schließlich jede einzelne Passage mit mindestens 80 Prozent der Stimmen angenommen wurde, hat mich positiv überrascht.
Welche Punkte waren unsicher?
Csiszar: Das Frauendiakonat, an den Rand gedrängte Gruppen wie wiederverheiratete Geschiedene, Menschen mit verschiedenen sexuellen Orientierungen, dann auch die Passage zur priesterlichen Lebensform, also zum Zölibat. Oder die Fragen des päpstlichen Primats in einer synodalen Kirche, weniger Autonomie für einzelne Bischöfe, oder welche Autorität eine Bischofskonferenz in einer synodalen Kirche innehat. Schließlich haben aber alle Themen überwältigende Zustimmung bekommen.
Der Bericht ist noch nicht sehr festgelegt, sondern in viele Richtungen offen.
Csiszar: Ja, man muss immer wieder betonen, dass eine kirchenrechtliche Festlegung noch nicht beabsichtigt war. Es stimmt nicht, dass es kein Ergebnis gibt. Denn dass eine Bischofssynode in dieser Zusammensetzung organisiert wurde, ist bereits ein starkes Ergebnis. Dass auch Laien volles Stimmrecht hatten, hat nicht allen gefallen. Meine Stimme als Kardinal soll genauso viel wert sein wie die Stimme einer 22-jährigen Frau? Das haben nicht alle verstanden.
Warum hat es trotzdem funktioniert?
Csiszar: Das ist der spirituellen Konversation zu verdanken. Sie hat den Prozess gerettet. Alle haben aus ihrer Lebenserfahrung erzählt, auch von ihren Ängsten. Geschichten sind lebendig geworden. Das hat Vertrauen geschaffen und Respekt vor den Anliegen der anderen. Die Atmosphäre im Raum war so offen! So frei wurde im Vatikan noch nie über Frauendiakonat, über die Zulassung von Frauen zu den Ämtern gesprochen! Oder über den päpstlichen Primat. Oder darüber, dass auch Bischöfe nicht alles dürfen.
Die Versammlung war also nicht ergebnislos?
Csiszar: Nein, gar nicht. Man könnte auch von einem Auto erwarten, dass es fliegt. Aber dafür ist es nicht da. So war es auch mit der Versammlung. Es war ein Ringen um eine Kirche, in der sich viele zuhause fühlen. Manche Bischöfe aus Osteuropa kamen etwa mit großen Vorbehalten. Sie dachten, wenn sie heimfahren, müssten sie homosexuelle Partnerschaften segnen, das hat sie verunsichert. Die offene Atmosphäre hat Ängste abgebaut. Wir sind eine Kirche der Möglichkeiten geworden.
Wie geht es jetzt weiter?
Csiszar: Manche Themen, die besprochen wurden, hat man in Westeuropa bereits seit dem Konzil im Blick. Die Forschungen, die schon gemacht wurden, das Wissen darüber müssen wir der Weltkirche auf eine verständliche Art und Weise zur Verfügung stellen, um Ängste abzubauen. Es braucht bibeltheologische, dogmatische, kirchenrechtliche Argumente.
Dreieinhalb Wochen Klausur waren sicher anstrengend. Welche Erinnerung nehmen Sie mit?
Csiszar: Dass unsere Kirche so reich ist an kompetenten, gut vorbereiteten Bischöfen, Laien, Ordensleuten, die das Beste wollen und sich bemühen, die Liebe Gottes erfahrbar zu machen. Da haben sich Menschen getroffen, die einander zu Beginn ganz fremd waren, und jetzt sind wir als Freunde auseinander gegangen. Ich weiß nicht, welche Weltorganisation das noch innerhalb von vier Wochen schaffen würde. Auch so ein Dokument zusammenzustellen, wo Vertreterinnen und Vertreter der ganzen Welt dahinterstehen! Brüssel schafft das kaum in den letzten Jahren, wir haben es geschafft.
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