Wort zum Sonntag
McCarrick wurde laut Urteil der Glaubenskongregation des sexuellen Fehlverhaltens mit Minderjährigen und Erwachsenen in Verbindung mit Machtmissbrauch für schuldig befunden. Außerdem habe er das Beichtsakrament missbraucht, indem er Beichtwillige zu Verstößen gegen das 6. Gebot, also unerlaubtem sexuellem Verhalten, verführte. Dafür erhielt der 88-Jährige nun die kirchliche Höchststrafe für einen Kleriker. Zugleich ist er der höchste katholische Würdenträger, dem dies in modernen Zeiten widerfährt.
Am Freitag wurde McCarrick, der seit Monaten zurückgezogen in einem Kloster in Kansas lebt, mitgeteilt, dass er ab sofort kein Priester mehr sei. Das sakramentale Weihemerkmal bleibt zwar bestehen, aber ihm sind sämtliche Rechte und Pflichten als Kleriker entzogen – die höchste Strafe, die die Kirche verhängen kann. Eine Exkommunikation als reine Beugestrafe wäre in diesem Fall unzutreffend.
Zwei Dinge sind an dem Urteil bemerkenswert: Zum einen wurde McCarrick auch wegen sexuellen Fehlverhaltens gegenüber Erwachsenen schuldig gesprochen. Das Gerede über McCarrick hatte damit begonnen, dass er volljährige, aber abhängige Seminaristen in ein Strandhaus eingeladen hatte und dort sexuell übergriffig geworden war. Zum anderen bewertet die Kongregation den Missbrauch von Amtsmacht als verschärfenden Strafgrund. Damit berücksichtigt sie ein Vergehen, das Papst Franziskus in seinem Wettern gegen Klerikalismus als grundlegend benennt: den Missbrauch von Macht. Der spielt in allen Missbrauchsdebatten, etwa auch bei #MeToo eine große Rolle.
Besonders große Aufmerksamkeit erhielt der Fall McCarrick, als Ende August vergangenen Jahres Ex-Vatikandiplomat Carlo Maria Vigano Franziskus und anderen hochrangigen Kurienmitarbeitern vorwarf, McCarrick mit wichtigen Aufgaben betraut zu haben, obschon seine Fehltritte im Vatikan bekannt gewesen seien. Der Vatikan wies dies zurück. Aber nicht nur Vigano wollte wissen, warum McCarrick trotz des Geredes eine derartige Karriere habe machen können. Franziskus versprach damals eine gründliche Untersuchung zu dem Fall.
Ob über das jetzt ergangene Urteil hinaus das Ergebnis dieser Untersuchung bekanntgegeben wird, steht noch dahin. Eine angemessene und immer wieder zugesagte Transparenz ließe das erwarten. Dann aber würden wohl auch unschöne Einblicke in die letzten Jahre von Franziskus‘ Vorvorgänger Johannes Paul II. (1978–2005) freigegeben. Zu dessen Zeit war McCarrick trotz des Geredes um die Seminaristen im Strandhaus zum Erzbischof der US-Hauptstadt und Kardinal ernannt worden.
Wort zum Sonntag
Jetzt die KIRCHENZEITUNG 4 Wochen lang kostenlos kennen lernen. Abo endet automatisch. >>