Wort zum Sonntag
Auf knapp 400 Seiten schildert Franziskus, mit bürgerlichem Namen Jorge Mario Bergoglio, nicht nur seine eigene Geschichte. Das Buch erzählt zunächst das Aufwachsen und Kennenlernen seiner italienischen Großeltern, die 1929 mit seinem Vater nach Argentinien migrierten.
Von dort entspinnt sich die Geschichte der Familie Bergoglio. Seiner Zeit als regionaler Ordensleiter der Jesuiten während der argentinischen Militärdiktatur (1976–1983) räumt Franziskus viel Platz ein, ebenso Berichten über seine eindrücklichsten Reisen als Papst.
Eingewoben in zum Teil emotional geschilderte Stationen und Begegnungen seines Lebens erläutert Franziskus in langen Passagen zudem die politischen Kernanliegen seines Pontifikats: Frieden, Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit. Der 88-Jährige spricht sich u. a. gegen Populismus und die Ausgrenzung von Migranten aus und mahnt zur Vorsicht beim Umgang mit neuen Technologien. Ebenso erklärt er seine optimistische Sicht auf die Zukunft der katholischen Kirche.
Aus der Perspektive des Erzählers gibt Franziskus außerdem Einblicke in sein Seelenleben. Er beschreibt sich als melancholisch, schildert immer wieder Momente, die ihn zum Weinen brachten. Der 88-Jährige erzählt von seinen Neurosen und von seinen regelmäßigen Besuchen bei einer Psychiaterin über knapp ein Jahr. In Zeiten der Militärdiktatur in Argentinien habe es emotional aufreibende Momente gegeben, die man auszuhalten hatte, schreibt Franziskus. „Ich ging einmal pro Woche zu ihr, und ihre Ratschläge waren mir immer sehr nützlich. Ich habe sie bis heute im Gedächtnis bewahrt, und sie sind immer noch lehrreich für mich.“
Neben detaillierten Schilderungen rund um die erste Zeit im Vatikan berichtet Franziskus ausführlich über seine Kindheit. In dieser spielte Fußball für ihn eine große Rolle – als Fan des argentinischen Vereins San Lorenzo, aber auch als Spieler. Der kleine Jorge stand dabei zumeist im Tor. Denn ein großer Ballkünstler sei er nicht gewesen, er habe zwei linke Füße, gesteht der Papst.
Eine Schwäche – auch als Papst – sieht Franziskus in seiner Ungeduld – „ein Problem, das ich immer wieder habe“. Er schreibt: „Wenn ich gestolpert bin, dann häufig, weil es mir an Geduld fehlte. Weil ich nicht abwarten konnte, dass manche Prozesse Zeit brauchen, damit sie sich normal entwickeln und die Früchte heranreifen.“
Geduld bewies der kleine Jorge jedoch bei seiner eigenen Geburt. Weil er bereits eine Woche überfällig gewesen sei, habe sich der Hausarzt der Familie kurzerhand auf den Bauch seiner Mutter gesetzt, um die Geburt einzuleiten. Am 17. Dezember 1936 sei er so auf die Welt gekommen – mit einem Gewicht von fünf Kilogramm.
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