Wort zum Sonntag
Der Mitgliederschwund bleibt in der katholischen Kirche auf hohem Niveau. 11.097 Menschen haben 2019 der katholischen Kirche in der Diözese Linz den Rücken gekehrt. „Das ist in Summe ein Verlust, der schmerzt und auch herausfordert“, erklärt Willi Vieböck, Bischofsvikar für pastorale Aufgaben. „Wenn die Beziehung zur Kirche ohnehin dünn geworden ist, genügt oft eine enttäuschende Erfahrung. Wir erleben auch, wie schwer es ist, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen“, sagt Vieböck.
Lässt sich der Negativtrend stoppen oder zumindest deutlich einbremsen? Wie können lose Beziehungen zur katholischen Kirche wieder enger werden? Eine pauschale Antwort auf diese Fragen gibt es nicht, doch zwei Lichtblicke geben etwas Hoffnung und liefern Hinweise, was der katholischen Kirche in Oberösterreich helfen könnte.
Der erste Lichtblick ist das gestiegene Interesse am Wiedereintritt. „Die Zahl ist in den letzten Jahren eindeutig nach oben gegangen“, betont Stefan Schlager, der offizielle Ansprechpartner der Diözese für Wiedereintretende. Pro Woche hat der Theologe im Schnitt zwei diesbezügliche Anfragen. „Vor zehn Jahren waren es in einem ganzen Jahr nur zehn“, erzählt Stefan Schlager. Gerade zu Beginn des neuen Jahrs häufen sich die Anfragen: „Der Wiedereintritt ist für viele eine Art Neujahrsvorsatz“, sagt Schlager, der den Kontakt zwischen Eintrittswilligen und den zuständigen Pfarren herstellt. Oftmals kommt zu einem Orientierungsgespräch, in dem Schlager auch klarmacht, was die Eintretenden an „Brauchbarem und Hilfreichem“ in der Kirche vor Ort finden können. „Das können Spielgruppen sein oder spannende Vorträge für Erwachsene“, meint Schlager. Seine Erfahrung ist, dass die große Angebotspalette der Pfarren kaum bekannt ist. „Die Leute sind positiv überrascht.“ Das bessere Bekanntmachen von dem, was es an kirchlichem Leben alles gibt, ist für Schlager ein wichtiger Hebel, damit die Bindung der Gläubigen zur Kirche wieder stärker wird. Schlager: „Die Frage ist, wie können Menschen in der heutigen Lebenswelt möglichst gut an die Kirche andocken?“
Es ist ein Thema, das auch beim zweiten Positivbeispiel im Vordergrund steht. Die Pfarre Mondsee schaffe es, als Kirche in der Öffentlichkeit sehr präsent zu sein und „weite Teile der Gesellschaft zu durchdringen“, wie es Pfarrer Ernst Wageneder formuliert. Das passiere etwa durch eine vielfältige Gestaltung der Gottesdienste, durch eine Vielzahl an kulturellen Veranstaltungen und ein starkes soziales Engagement der Pfarrgemeinde.
In der mit rund 8.000 Katholik/innen zweitgrößten Pfarrgemeinde Oberösterreichs, gab es im letzten Jahr nur 28 Austritte (bei fünf Wiedereintritten). Die Austrittsquote ist damit dreimal niedriger als im diözesanweiten Schnitt. Konkrete Bemühungen und nicht der pure Zufall bringen diese guten Ergebnisse. „Wir arbeiten eng mit der Kirchenbeitragsstelle in Vöcklabruck zusammen, die an mehreren Tagen im Jahr direkt vor Ort in Mondsee für Gespräche zur Verfügung steht“, erklärt Pfarrer Ernst Wageneder. Es ist eines der Mondseer Erfolgsgeheimnisse, ist doch die Unzufriedenheit mit der Höhe des Kirchenbeitrags einer der Hauptgründe für den Kirchenaustritt. In der Regel lassen sich Konflikte durch den persönlichen Kontakt rasch lösen.
Ein spezielles Anliegen ist Wageneder, als Pfarre gastfreundlich zu sein. „Mit Maßnahmen wie einer Babylounge und einer Kinderecke in der Kirche“, berichtet Wageneder. „Die Willkommenskultur ist in Mondsee Tagesordnungspunkt Nummer 1.“ Immer wieder kommt es zudem vor, dass Wageneder Briefe an Menschen schreibt, die mit dem Austritt drohen. Nicht alle, aber viele, kann er von diesem Schritt abhalten. Außerdem verliert der Pfarrer die meisten der Ausgetretenen in Mondsee nie ganz aus den Augen. „Ich habe hier einen offenen Zugang“, sagt er. Wer aus der Kirche austritt, ist für den Priester immer noch vollwertiger Teil der Gemeinschaft, auch der Gottesdienstgemeinschaft. Das erleichtert in späterer Folge einen etwaigen Wiedereintritt in die Kirche.«
2019 traten in der Diözese Linz 11.097 Personen aus der Kirche aus. (2018 waren es 9.714 Personen). 857 Personen traten 2019 in die Kirche ein. 141 Personen haben ihre Austrittserklärung innerhalb der Dreimonatsfrist widerrufen. Mehr zum Thema Kirchenaustritte in Österreich: Vorläufige Kirchenstatistik 2019
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