Wort zum Sonntag
Sie waren jahrzehntelang in der Spitzenpolitik. Seit sieben Jahren sind Sie nicht mehr Landeshauptmann. Fehlt Ihnen etwas?
Josef Pühringer: Die Tage, an denen ich mir denke: „Gut, dass ich da nicht mehr dabei sein muss“, sind deutlich mehr als jene, an denen ich mir denke: „Das wäre ganz interessant, da noch am Tisch zu sitzen“. Natürlich gibt es auch solche Tage. Aber als Landesobmann des Seniorenbunds bin ich ja weiterhin in die politische Arbeit eingebunden.
Sie sind nach der Übergabe des Amts als Landeshauptmann Seniorenbundobmann in OÖ geworden. Dazu kam das Engagement an der Spitze von „Pro Oriente Oberösterreich“, gefolgt von der Aufgabe bei „Pro Mariendom“. Was hat Sie zu diesen vielen Engagements gebracht?
Pühringer: Ich bin auch wieder im Gemeinderat von Traun. All das hat damit zu tun, dass ich grundsätzlich ein aktiver Mensch bin und auch bleiben werde. Ich kann mich nicht auf Spazierengehen und Zeitunglesen beschränken. Außerdem ist der Einsatz für die Gemeinschaft nicht nur Arbeit, sondern Berufung. Wer sich um die Anliegen der Seniorinnen und Senioren kümmert, arbeitet immerhin für beinahe ein Drittel der Bevölkerung. Dass ich mich in der Kirche engagiere, ist eine Rückkehr ins kirchliche Ehrenamt, denn ich bin in der Kirche sozialisiert worden und habe in der Pfarre schon viele ehrenamtliche Funktionen innegehabt.
Welche waren das?
Pühringer: Mit sechs Jahren wurde ich Ministrant, später war ich Jungscharführer, Jugendführer, stellvertretender Dekanatsführer der Katholischen Arbeiterjugend. An der Diözesansynode habe ich als Synodenrat teilgenommen, war im Pfarrgemeinderat, Obmann des Kirchenchores und manches mehr. Die Trennung von Kirche und Politik halte ich für richtig. Aber das läuft nicht auf Beziehungslosigkeit hinaus.
Aus Ihrer Erfahrung heraus: Würden Sie jemandem, der kurz vor dem Pensionsantritt steht, empfehlen, sich neue Aufgaben zu suchen?
Pühringer: Ich denke, es ist vor allem wichtig, sich gut darauf vorzubereiten. Denn das ist ein wesentlicher Schritt im Leben, eine deutliche Veränderung. Solchen Veränderungen im Leben begegnet man besser vorbereitet. Im Seniorenbund haben wir viele Angebote dafür. Für mich gehören sinnvolle Aufgaben zum Glücklichsein.
Pro Oriente hat in den vergangenen Jahren Kontakte zu den orthodoxen Gemeinden in Oberösterreich gepflegt. Ist das eine Zukunftsfrage, weil diese Gemeinden wachsen?
Pühringer: Die Ökumene im Ganzen ist wichtig und eine Zukunftsfrage. Denn in Europa schrumpft die Kirche nicht nur, sie erfährt leider auch einen starken gesellschaftlichen Relevanzverlust. Wenn die christlichen Kirchen bei großen, wichtigen Themen nicht mit einer Stimme sprechen, werden sie nicht das nötige Gewicht haben. Die Spaltung der Christenheit ist ohnehin ein Ärgernis, das von unserem Gründer Jesus Christus sicher nicht gewollt ist. Wir müssen uns großer Mühen unterziehen, um Schritt für Schritt wieder zueinander zu finden. In der Ökumene geht es ja nicht nur um die volle Vereinigung. Das gegenseitige Ertragen, das friedliche Miteinander sind wichtig. Für mich ist Ökumene, Schritt für Schritt mehr Gemeinsamkeit herzustellen. Dazu möchte ich einen Beitrag leisten.
In der Initiative Pro Mariendom ist in den vergangenen Jahren sehr viel erreicht worden – für jeden und jede am und im Dom sichtbar. Wie geht es weiter?
Pühringer: Da ist noch einiges zu tun: Von den rund 100 großen Glasfenstern haben wir jetzt 20 restauriert, 30 sind im nächsten Schritt an der Reihe. Die Fenster wurden nach den Bombenangriffen des Zweiten Weltkriegs eher behelfsmäßig „zusammengeklebt“. Die Restaurierung ist dringend notwendig. Es ist natürlich auch sonst noch einiges zu tun, aber die Fenster stehen vorerst bis 2031 im Zentrum unserer Bemühungen.
Was hat Sie vor Pro Mariendom mit dem Dom verbunden?
Pühringer: Große Ereignisse des Landes, wie zum Beispiel die Seligsprechung von Franz Jägerstätter, haben im Dom stattgefunden oder sind mit ihm verbunden. Da war ich als Landeshauptmann dabei. Der Dom ist nicht nur Zentrum der katholischen Kirche im Land, sondern hat auch eine Aufgabe in der Ökumene. Ich erinnere da zum Beispiel an das gemeinsame Feiern am Domplatz im Jahr des Reformationsgedenkens. In diesem Sinne ist der Dom „Kirche des Landes“. Als solche gilt es ihn zu erhalten und noch mehr in die Herzen der Christinnen und Christen des Landes zu tragen.
Zu den Herzen der Landsleute wird alljährlich auch das ORF-Friedenslicht getragen. Viele Male waren Sie bei der Abholung im Heiligen Land dabei. Jetzt herrscht dort wieder Krieg. Wie nehmen Sie das wahr?
Pühringer: Ich verfolge die Entwicklungen sehr genau. Rund um den 20. Mai des kommenden Jahres haben wir von Pro Oriente eine Veranstaltung mit Nikodemus Schnabel, dem Abt der Dormitio-Abtei in Jerusalem, zu diesem Thema geplant. Der Unfriede im Heiligen Land, die offensichtlich nicht zu klärenden Verhältnisse zwischen Israelis und Palästinensern, führen zu großem Leid für die Menschen vor Ort. Das schadet aber auch der Glaubwürdigkeit der Kirche, wenn Friede dort nicht gelingen will, von wo die Weihnachtsbotschaft „Friede den Menschen auf Erden“ ausgegangen ist. Ich kann nur hoffen, dass auch für die Menschen im Heiligen Land diese Botschaft bald wahr wird.
Landeshauptmann a. D. Josef Pühringer ist neben der Leitung des Seniorenbundes in Oberösterreich unter anderem Vorsitzender der Initiative „Pro Mariendom“ und Obmann der „Pro Oriente“-Sektion Linz. Sein 75. Geburtstag am 30. Oktober wurde im Abendgottesdienst im Dom und bei einem Abendessen in kleinem Rahmen begangen.
Bischof Manfred Scheuer dankte mit sehr persönlichen Worten für die Verbundenheit und Freundschaft. Pühringer habe einen Blick für das, was die Menschen brauchen. Sein Verständnis von Politik sei das der „angewandten Liebe zur Welt“. Dem Jubilar sei es in seinem politischen Leben stets darum gegangen, Kompromisse zu finden. Er habe auch „Prügel“ einstecken müssen, sei aber nie nachtragend gewesen.
Der Jubilar bedankte sich seinerseits besonders bei seiner Frau Christa. Und er zitierte den Philosophen Francis Bacon: „Nicht die Glücklichen sind dankbar, sondern die Dankbaren sind glücklich.“
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