Wort zum Sonntag
Herr Bischof, das Apostolische Glaubensbekenntnis beginnt mit „Ich glaube“. Was bedeutet „glauben“?
Bischof Manfred Scheuer: Im Deutschen hat das Wort eine gemeinsame Wurzel mit „loben“, „lieben“ und „leben“. Zu glauben hat mit dem Urvertrauen des Menschen, mit dem Jasagen zum Leben und zu Gott zu tun. Das lateinische Wort „credo“ geht auf „cor dare“ zurück: das Herz schenken. Glaube ist die liebende Beziehung zu Gott, die Annahme seiner Liebe und das Mitlieben.
Im Glaubensbekenntnis wird das irdische Leben Jesu nur kurz behandelt. Mehr Gewicht liegt auf Leiden, Tod, Grabesruhe und Auferstehung. Wäre es in Ordnung, wenn daher der Glaube lediglich als Jenseitshoffnung gesehen wird?
Scheuer: Nein, das können wir nicht daraus schließen, zumal die Menschwerdung durchaus im Glaubensbekenntnis vorkommt. Schon im Johannesevangelium hat Auferstehung verschiedene Dimensionen: Neben der Auferstehung Jesu, also der Überwindung des Todes, finden wir dort auch die kleinen Auferstehungen des Lebens: Wer in der Sünde ist, der ist „tot“ – und die Versöhnung ist dann auch Auferstehung. Paulus erinnert uns daran, dass wir auf Jesu Tod und Auferstehung getauft sind. Das ganze christliche Leben ist Nachvollzug von Tod und Auferstehung Jesu. Auferstehung ist damit die Überwindung des Todes – gerade auch mitten im Leben.
Was bedeutet es dann, mit Blick auf die Auferstehung zu leben? Es heißt ja, dass das Reich Gottes schon im Hier und Heute beginnt.
Scheuer: Es bedeutet, mit den Augen der Hoffnung und der Liebe die Wirklichkeit zu sehen, auch die Wirklichkeit des Leidens der anderen. In Jesu Wort und seinem Wirken ist sein Reich schon mitten unter uns. Wir leben in der Hoffnung, noch nicht in der Erfüllung. Stirbt ein Mensch, so bleibt etwas offen – bei ihm und bei uns. Im Glaubensbekenntnis heißt es: Er wird wiederkommen zu richten die Lebenden und die Toten. Dieses Gericht ist das Versprechen der Gerechtigkeit für die Opfer, die zu kurz Gekommenen, die unschuldig gelitten haben.
Es geht dabei aber nicht um Vertröstung ...
Scheuer: Nein, denn die Aussicht auf das Gericht gibt ja gerade diesem Leben hier Gewicht.
Wenn Christus vom Jenseits spricht, dann in Bildern. Was lässt sich darüber aus theologischer Sicht sagen?
Scheuer: Es sind Bilder der Hoffnung, der Gemeinschaft, des Festes und des Lebens. Wir erkennen auch manches über die Auferstehung in der Art, wie der Auferstandene Menschen begegnet: Er spricht Maria von Magdala mit Namen an und gibt ihr so die verlorene Identität wieder. Er sagt den Jüngern den Frieden zu, denn das österliche Geschenk ist Friede und Versöhnung. Den Jüngern von Emmaus deutet er ihr Leben und die Schrift – da gehen ihnen die Augen auf, sie erkennen ihn. Auch die Begegnung mit Thomas ist wichtig: Christus lässt ihn die Wundmale berühren, denn Liebe lässt sich daran erkennen, dass sie verwundbar ist. Das verweist auch auf die Leiblichkeit der Auferstehung. Viele Menschen tun sich damit schwer. Aber gerade im Leib sind die Erfahrungen unseres Lebens und die Beziehungen eingeschrieben. Wir können nicht sagen: Hier bin ich und dort ist mein Leib.
Was ist die Antwort des christlichen Glaubens auf die Frage: Was darf ich hoffen?
Scheuer: Von Jesus her dürfen wir auf die Fülle des Lebens hoffen. Letztlich hoffen wir auf Gott selbst, denn Gott ist als Geschenk der Himmel – aber nicht ohne die anderen Menschen, nicht ohne Gemeinschaft. In den Himmel kommen wir nicht allein. Denn wie schon das Glaubensbekenntnis anzeigt: Die Erwartung der kommenden Welt ist verbunden mit der Gemeinschaft der Heiligen. Gemeinschaft, Glück, Friede, Gerechtigkeit, Leben und Freude – mit solchen Worten wird der Himmel beschrieben. Damit sind zwei gute Nachrichten verbunden: Erstens ist unser Leben heute anschlussfähig an den Himmel. Und zweitens wird es nicht nur so sein, wie wir uns das vorstellen, denn das wäre zu kurz gegriffen. «
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