Wort zum Sonntag
Seit 45 Jahren in der Öffentlichkeit präsent und doch nicht sehr bekannt – dieses Kunststück schafft die Kooperationsredaktion von vier österreichischen Kirchenzeitungen, und das auch noch absichtlich. Denn der Erfolg der Zusammenarbeit der verschiedenen Kirchenzeitungen liegt wesentlich darin, dass jede der Diözesanzeitungen eigenständig ist und ihren eigenen Charakter hat. Derzeit kooperieren das Vorarlberger „KirchenBlatt“, der „TIROLER sonntag“, die „KirchenZeitung“ der Diözese Linz und der burgenländische „martinus“. Wozu? Damit überregionale Themen nicht doppelt und dreifach erarbeitet werden, sondern nur einmal für die beteiligten Zeitungen. Zu den überregionalen Themen gehören weltkirchliche Fragen ebenso wie gesellschaftspolitische, spirituelle, kulturelle oder Fragen der Lebenskunst. Diese Seiten sollen sich so harmonisch in jede der vier Zeitungen einfügen, dass sie nicht als Fremdkörper wahrgenommen werden. „Das lokale Standbein ist für die Leserinnen und Leser ganz wesentlich, außerdem war und ist es eine theologische Entscheidung, den Charakter jeder diözesanen Zeitung zu erhalten“, fasst Hans Baumgartner zusammen, der die Kooperationsredaktion von den ersten Jahren weg bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2014 leitete.
In all diesen Jahren bestand die Kooperation aus wechselnden Diözesen. Gründungsmitglieder waren 1975 die Redaktionen von Salzburg, Linz und Gurk-Klagenfurt, bereits im Jänner 1976 kam Feldkirch dazu. Während Kärnten und Salzburg im Lauf der Zeit aus der Zusammenarbeit ausstiegen (es handelte sich jeweils um eine Entscheidung des damaligen Diözesanbischofs, der sich durch den Ausstieg mehr Zugriff auf die eigene Zeitung erhoffte), kamen Innsbruck und Eisenstadt dazu. Von Anfang an erforderte die Kooperation von den einzelnen Redaktionen, sich zusammenzuraufen. „Die Herausgeber haben in ihren Sitzungen oft heftig diskutiert, es waren Debatten theologischer Natur“, erinnert sich der langjährige Redaktionsleiter Hans Baumgartner. Dabei ging es immer wieder um die Frage, welchen Raum die Anliegen der Bischöfe und des Papstes erhalten und welche Themen wie behandelt werden. So wurde die Redaktion in der Sitzung vom 12. Dezember 1979 etwa dazu angehalten, die Hochfeste wie Mariä Empfängnis, Mariä Himmelfahrt und Pfingsten stärker zu berücksichtigen und „alles zu vermeiden, was Befremden erregt, Vorsicht bei der Frage wiederverheirateter Geschiedener“ (Protokoll). Gleichzeitig gab es aber auch großes Vertrauen der Herausgeber (meist Generalvikare) und Bischöfe in die Kooperationsredaktion. „Sie trauten uns etwas zu!“, bestätigt Hans Baumgartner. Dadurch war Weiterentwicklung möglich, was für eine Redaktion notwendig ist.
So konnten große Projekte verwirklicht werden. Zum Papstbesuch 1983 erschien eine gemeinsame Ausgabe aller österreichischen Kirchenzeitungen. Ein Bericht der Kooperationsredaktion über den Einsatz von österreichischen Panzern zur Unterdrückung von Arbeiteraufständen in Bolivien schlug hohe Wellen. Das Waffengesetz wurde geändert und Panzerexporte nach Argentinien verhindert. „Die Kirchenzeitungen waren in der Öffentlichkeit präsent, nicht nur innerkirchlich“, erinnert sich Baumgartner. Der Sozialhirtenbrief der Bischöfe löste öffentliche Debatten aus, an denen auch Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer beteiligt waren. „Heute ist das anders“, beobachtet Baumgartner. „Die meisten Leute setzen sich ja nicht mehr auseinander damit.“ Auch für politisch Verfolgte im damaligen Ostblock setzten sich die Kirchenzeitungen mit der Kooperationsredaktion ein. Es gab eine Aktion „Verfolgter des Monats“, die die Repressalien kommunistischer Regime gegen Andersdenkende öffentlich machte.
Technisch gesehen war die Zusammenarbeit in früheren Jahrzehnten aufwändiger als heute. Vor der Gründung der Kooperationsredaktion begannen die Chefredakteure Anton Fellner aus Wien und Josef Schicho aus Linz, Artikel auszutauschen. Texte wurden hin und her geschickt, gesetzt wurden die Seiten von jeder Zeitung extra. Doch der Bleisatz war teuer, sodass man nach einer besseren Lösung suchte. Erst die Gründung einer eigenen Redaktion für die überregionalen Seiten im September 1975 brachte eine engere Zusammenarbeit. Nun wurden „Matern“ (auf Spezialkarton gedruckte Seiten) mit Bahnexpress an die Druckereien geschickt, wo sie zum diözesanen Teil der Zeitungen gefügt wurden. Der „Vater der Kooperation“ war der Linzer Chefredakteur Josef Schicho, frühe Partner waren die Schriftleiter Franz Calliari aus Salzburg und Josef Ranftler aus Kärnten. Mit der Redaktionsleitung wurde bald Hans Baumgartner beauftragt, seine Kollegin als Redakteurin war in den ersten Jahren die spätere Jägerstätter-Forscherin Erna Putz. Als großen Vorteil der Kooperation sieht Baumgartner, dass die Ideen aus verschiedenen Redaktionen kommen. „Es sind viele kreative Köpfe beteiligt, die Unterschiedliches wollen und die herausfordern.“ Manche Themen erarbeitete er gemeinsam mit Kollegen aus anderen Redaktionen. 2014 übernahm Heinz Niederleitner die Redaktionsleitung, bis er Anfang 2020 Chefredakteur in Linz wurde. Redakteurin Susanne Huber ist seit 2005 Teil der Redaktion.
Aus der redaktionellen Kooperation heraus entwickelte sich eine Marketingkooperation, die Werbeplätze in den Kirchenzeitungen und im „inpuncto“ verkauft und damit für ein wesentliches Einkommen sorgt. Der ehemalige Kooperations-Redakteur Walter Achleitner leitet diesen Bereich mit Engagement. Inzwischen sind alle österreichischen Kirchenzeitungen Mitglieder der Werbe-Kooperation.
Bei allen Herausforderungen, die mit einer zeitungsübergreifenden Zusammenarbeit verbunden sind, bei allen Diskussionen über Inhalt und Ausrichtung, zeigte die Kooperation der Kir-chenzeitungen im Lauf der Jahrzehnte ihre Stärke: das Zusammenwirken der Ressourcen mit gleichzeitiger Unterstützung des Eigencharakters jeder Diözesanzeitung. „Der Austausch kontroversieller Meinungen stärkt die Gemeinschaft“, sagt Hans Baumgartner und nennt ein Zitat aus der Pastoralinstruktion „Communio et progressio“ von 1971 als zentrales Bild für die Kirchenzeitungen: „Die neue Technik für den Austausch unter den Menschen versammelt die Zeitgenossen sozusagen um einen runden Tisch.“ Seither wurde die Technik der runden Tische vielfältiger, der Austausch unter den Menschen wird schneller, interaktiver und führt auch zur Überflutung mit Informationen. In der Fülle an Möglichkeiten und Informationen einen stabilen Ort zu bieten, an dem man sich gerne niederlässt, ein wenig verweilt, mitunter ins konstruktive Streiten kommt, inspiriert weitergeht, das ist eine verantwortungsvolle Aufgabe für die kooperierenden Kirchenzeitungen.
heute
Obwohl das „RUPERTUSBLATT“ der Erzdiözese Salzburg, Gründungsmitglied der Kirchenzeitungskooperation, seit 1995 nicht mehr dabei ist, liegen die Redaktionsräume der Kooperation in Salzburg. Als geographische Mitte zwischen dem Burgenland und Vorarlberg hat sich der Standort über die Jahrzehnte bewährt. Bischofsvikar Willi Vieböck ist als Herausgeber der Linzer „KirchenZeitung“ auch Herausgebersprecher der Kooperation. Die Chefredakteure der Kooperationszeitungen sind Dietmar Steinmair von Feldkirch, Gilbert Rosenkranz von Innsbruck, Heinz Niederleitner von Linz und Franz Josef Rupprecht von Eisenstadt. Das Team der Kooperationsredaktion besteht aus Redaktionsleiterin Monika Slouk, Redakteurin Susanne Huber und Korrektor Karl Peretti.
Die allererste Ausgabe des "Linzer Kirchenblatts" und das "Jubiläums-Magazin" gibt es nun auch zum Durchblättern und Lesen: www.kirchenzeitung.at/75
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