Wort zum Sonntag
„Wenn ich über unseren Friedhof gehe, merke ich: Manche Menschen kommen mehrmals in der Woche an die Gräber ihrer Angehörigen und verbringen viel Zeit hier“, erzählt Frauscher und sagt: „Trauerkultur ist Erinnerungskultur und diese ist Lebenskultur.“ Deshalb reicht es für das Team des Barbarafriedhofs nicht, die Begräbnisse korrekt abzuwickeln, Gräber auszuheben (pietätvoll mit der Hand), die Abschiedshalle sauber zu halten oder Kerzen zu verkaufen. Die eigenen Ansprüche liegen höher.
Sie umfassen auch das Wahrnehmen gesellschaftlicher Strömungen: „Abschiedsfeiern werden immer kürzer, Gräber früher aufgelassen“, sagt Frauscher. Dabei würde er empfehlen, dass die Abschiedsfeiern und Gottesdienste bewusst gestaltet werden und die Hinterbliebenen gut eingebunden sind. Am Barbarafriedhof besteht über eine Kooperation mit Musikern der Bruckner-Universität auch die Möglichkeit, live gespielte Musik zu jeder Feier zu wählen. „Ich spreche mich auch sehr für eine Familiengrabstelle aus“, sagt Frauscher. Gerade, aber nicht nur zu Allerheiligen ist das Grab ein Ort der Familie. Kritisch zu betrachten sind Wünsche wie ein anonymes Grab oder die Urne zu Hause. Im ersten Fall ist der Ort der Erinnerung genommen, im zweiten wird die Erinnerung exklusiv: Menschen wie Schulfreunde, Nachbarn oder Vereinskollegen sind ausgeschlossen. Klar erkennbar ist auch auf dem Barbarafriedhof der allgemeine Trend zur Urnenbestattung. Nur mehr rund 250 der 960 Bestattungstermine im Jahr werden als traditionelle Erdbestattung durchgeführt (siehe dazu auch Seite 28). „Ein Friedhof sollte ein behüteter Ort für die Trauer und die Erinnerung sein“, sagt Clemens Frauscher. Das zeigte sich zum Beispiel bei einem Weihnachtsliedersingen auf dem Barbarafriedhof – denn es gab eine Antwort auf die Erfahrung vieler Menschen, Weihnachten nicht mehr mit ihren Lieben feiern zu können. Vorträge und eine Bibliothek ergänzen die Beschäftigung mit Trauerkultur am Barbarafriedhof.
Die im 18. Jahrhundert entstandene Begräbnisstätte gehört der St. Barbara Gottesackerstiftung. In den rund 16.000 belegten Grabstellen ruhen auch Prominente wie die Schriftsteller Adalbert Stifter oder Enrica von Handel-Mazzetti. Führungen, aber auch Infos, die über QR-Codes am Handy abrufbar sind, geben Einblick in diesen Teil der Friedhofskultur.
Mehr unter www.barbarafriedhof.at
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