Wort zum Sonntag
Im Zuge des Strukturprozesses der Diözese Linz wird teilweise recht heftig über die Identität des Priesters gestritten. Bei den Diskussionen bekommt man den Eindruck, dass die Aufgaben, die mit dem Dienst des Priesters verbunden sind, seit Ewigkeiten dieselben sind und bleiben sollten. Das bevorstehende Symposium zur Diözesangeschichte kann in diese Debatte ein wenig Entspannung bringen – zumindest für einige Stunden. Und es kann den Horizont erweitern.
Die Tagung wirft einen Blick zurück, nämlich ins 19. Jahrhundert. Dort zeigt sich ein buntes Bild priesterlichen Wirkens. Der deutsche Historiker
Dr. Stefan Trinkl beschäftigt sich seit Jahren mit dem „Dorfpfarrer des 18. und 19. Jahrhunderts“. Dass viele Pfarrer eine Landwirtschaft betrieben haben, davon zeugen heute noch Pfarrhöfe mit ehemaligen Ställen und Scheunen sowie Erinnerungen an Pfarrer, die selbst noch Bauern waren. Vom Gramastettner Pfarrer P. Konrad Just (verstorben 1964) wird erzählt, dass er mit dem Traktor sogar zur Beichte nach Linz gefahren sei.
Der Historiker Trinkl hat eine Reihe von Lebensgeschichten von Landpfarrern analysiert, die eine Gemeinsamkeit aufweisen: Die Priester stellten ihre Interessen und Fähigkeiten in den Dienst der Volksbildung. Ob Imker, Spezialist für Obstbau und Pflanzenkunde, Kartograf oder Sprachforscher, die Pfarrer haben zumeist mit Blick auf die ihnen anvertrauten Menschen geforscht. Dabei sind oft wissenschaftliche Werke entstanden, die international Beachtung fanden. Als Beispiel nennt Trinkl den St. Florianer Chorherrn Matthias Rupertsberger (1843–1931). Während er Kooperator in Windhaag bei Freistadt war, beschäftigte er sich mit Insektenschäden, und schließlich verfasste er eine international beachtete Studie mit dem Titel „Biologie der Käfer Europas“.
Einen Schwerpunkt der Forschungen der Pfarrer bildeten die Beschäftigung mit der Geschichte, häufig der ihrer eigenen Pfarre, und geistliche Abhandlungen bis zum Bildungsroman für Jugendliche. Allein die Titel der Veröffentlichungen der oberösterreichischen Pfarrer füllen ein Buch, ebenso die der Pfarrer in der Nachbardiözese St. Pölten. Die „Bibliographie des Clerus der Diöcese Linz“ aus dem Jahr 1893 zeigt, wie weit sich der inhaltliche Bogen der Schriften der Priester spannt.
Vom Kuhstall zum Pfarramt
Priesterseminar Linz. Das 7. Symposium zur Linzer Diözesangeschichte nimmt den Bedeutungswandel in Blick, den Pfarrer und Pfarre im Lauf der Jahrhunderte durchgemacht haben (Vortrag: Klaus Birngruber, Diözesanarchiv). Ein besonderes Augenmerk richtet die Tagung auf die Rolle des Priesters im 19. Jahrhundert. Die Studentin Nina Steinbinder stellt die pastoralen Anliegen eines Seelsorgers vor und der Historiker Stefan Trinkl referiert über den Dorfpfarrer als Wissensvermittler und Träger der Gesellschaft.
Freitag, 27. September 2019, 15.30 bis 19 Uhr, Priesterseminar Linz, Harrachstraße 7, Anmeldung erbeten per E-Mail an: dioezesangeschichte@dioezese-linz.at oder Tel. 0732 77 12 05-86 08
Stefan Trinkl, Referent beim Diözesangeschichtssymposium im Priesterseminar Linz, hat ein Buch zu seinem Vortragsthema veröffentlicht: „Als der Pfarrer auch noch Landwirt war. Facetten und Anekdoten von Priester-Persönlichkeiten aus der Erzdiözese Salzburg“, Edition Tandem 2018. Der Buchumschlag (im Bild) zeigt Johann Fürstauer, Dechant von Altemarkt im Pongau mit seinen Hilfspriestern und dem Gesinde seines Dechantenhofs (um 1920). In Linz geht Trinkl natürlich auch auf oberösterreichische Pfarrer ein. Edition Tandem
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