Wort zum Sonntag
Am Ursprung der Wallfahrt nach Hart steht die Überlieferung von einem Hostienraub: „Im Jahr 1490 hat ein gottloser Mensch, der einen Knaben als Aufpasser bei sich hatte, in der Kirche von Auerbach den Tabernakel aufgebrochen und das Ziborium mit den konsekrierten Hostien geraubt.“ So beginnt Quirinus Königsberger, der als Wallfahrtsgeistlicher in Hart lebte, Anfang und Bedeutung der Wallfahrt in einem Buch zu erläutern. Er hat es 1695 herausgeben.
Und so geht die Geschichte weiter: Der Dieb wird vermutlich beobachtet und muss fliehen. Seine Beute vergräbt er unter dem Laub neben einer Buche, dort, wo jetzt in Hart der Hochaltar steht. Als er später den Schatz heben wollte, konnte er die Stelle nicht mehr finden. Nach einiger Zeit kam der Bauer vom Dunzgut mit seiner Frau dorthin und „sie fingen an Streu zu heigen“, wie es bei Königsberger heißt. Dabei stieß er mit dem Rechen auf das Ziborium mit den heiligen Hostien. Die Bauersleute holten den Pfarrer von Pischelsdorf, der wagte aber nichts zu unternehmen, sondern verständigte den Bischof in Passau und die Obrigkeit in Burghausen. Erst als von beiden Stellen Abgesandte vor Ort waren, wurde das Ziborium nach Pischelsdorf übertragen.
Der Dieb wurde gefasst, vor Gericht gestellt und in Burghausen zum Tod am Scheiterhaufen verurteilt. Rasch begann sich eine Wallfahrt zur Buche von Hart zu entwickeln. Die Pilger ließen sich trotz Verbots durch die geistliche Obrigkeit nicht vom Kommen abhalten. Schließlich entstand eine Kapelle aus Holz und bald darauf eine Kirche aus Stein.
Auf einem Pfeiler des heutigen Gotteshauses findet sich die Jahreszahl 1515. Die Ursprungserzählung ist bis heute nicht wissenschaftlich untersucht, entscheidend war stets, dass die Gläubigen ein ansprechendes religiöses Umfeld fanden. Kajetan Schachinger, der bis 1933 Pfarrer in Pischelsdorf war, erklärt in einer Kleinschrift über die Harter Kirche die geistliche Bedeutung der Wallfahrt: „Wie so oft ließ unser Herrgott aus dem Bösen Gutes hervorgehen. Aus der schrecklichen Freveltat wurde eine großartige Verehrung des Allerheiligsten und ein Strom von Gnaden über viele Tausend gläubiger Christen.“ Und er schließt das Kapitel über die Entstehung der Wallfahrt mit dem Satz ab: „Wahrscheinlich hat sich auch der Bösewicht mit Gottes Gnade bekehrt.“ Die Wallfahrtskirche Hart ist zudem das einzige Gotteshaus der Diözese Linz, das dem „Allerheiligsten Altarsakrament“ geweiht ist.
Betritt man die Kirche, kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Nicht nur weil sie, dank des Engagements der Harter Bevölkerung rund um Dr. Christiana Baumann und dank der Mithilfe vieler, vollständig renoviert ist, sondern weil vom Hochaltar über die Prozessionsfahne bis in ganz kleine Details die gesamte Ausstattung um das Thema Eucharistie kreist.
Eine Blüte erlebte die Wallfahrt im 17. Jahrhundert. Davon zeugt, dass 1624 ein Priester fest in Hart als Benefiziat angestellt war und bald dort auch in einem eigenen Haus wohnen konnte. Ebenfalls in dieser Zeit wurde ein Gitter angeschafft, das zu den herausragenden Werken des Schmiedehandwerks dieser Epoche zählt. Das kunstvolle Gitter trennt den Chor vom Langhaus und hatte vermutlich die Funktion, durch je ein Tor auf der linken und rechten Seite den Pilgerstrom zu kanalisieren.
Wer nach Hart wallfahrtete umschritt den Hochaltar. Auf dessen Rückseite liegt eine Grube, die den Platz bezeichnet, wo der Dieb das Ziborium versteckt haben soll. Darüber hängen acht Tafelbilder (um 1638), die die Ursprungsgeschichte zeigen. Die Szenen wurden auf der Rückseite von nicht mehr gebrauchten – „alten“ – Tafelbildern gemalt, auf denen unter anderem höchst qualitätsvolle Darstellungen der vier Evangelisten zu sehen sind. Auf der Empore steht die älteste Orgel des Landes Oberösterreich und des süddeutschen Raums. Sie wurde 1628 gebaut. Jährlich finden auf ihr in den Sommermonaten Orgelkonzerte statt. Freunden von Orgelmusik ist Hart natürlich ein Begriff. 1640 wurde die Kirche von Hart um die heutige Sakristei erweitert.
Benefiziat Königsberger hat in seinem Wallfahrtsbuch allein von 1620 bis 1694 59 besondere Gebetserhörungen – die Leute werden sie Wunder genannt haben – verzeichnet. Kein Wunder ist daher, dass der Pilgerstrom und die Einnahmen nicht versiegten und zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine neuer Hochaltar und zwei Seitenaltäre angeschafft werden konnten.
Die Barockeinrichtung prägt das heutige Aussehen der Kirche. Das Hochaltarbild stellt die Anbetung des Allerheiligsten durch die verschiedenen Stände dar und wurde von J. B. Masthueber aus Braunau angefertigt. Von jährlich 77 Prozessionen nach Hart weiß Benefiziat Königsberger zu berichten. Eine Reihe von Votivbildern an der Rückseite des Hochaltars sind mit Jahreszahlen versehen. Sie geben Zeugnis, dass die Wallfahrt bis weit in das 18. Jahrhundert florierte, ehe Josef II. sie verbot.
Obwohl bald wieder erlaubt, erlangte sie nicht mehr ihre ursprüngliche Bedeutung. Daran hatte auch die Errichtung der Wallfahrtskirche Maria Schmolln ihren Anteil, die nur fünfzehn Kilometer Fußweg von Hart entfernt ist.
Wenn die Wallfahrer auch nicht mehr in Scharen kommen, ein Besuch der Kirche von Hart lohnt allemal: allein oder in einer Gruppe, zu Gebet und Besinnung und um sich an den Kunstschätzen zu erfreuen.
Am Sonntag, 19. Jänner 2020 hält die Pfarre Pischelsdorf ihre traditionelle Sebastianiprozession nach Hart. Abmarsch um 8.30 Uhr in Pischelsdorf, um etwa 9 Uhr Festgottesdienst in Hart.
Informationen und Führungen bei Dr. Christiana Baumann:
christiana.baumann@outlook.at
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