Wort zum Sonntag
Ich las aus der Bibel in leicht verständlicher Sprache das überraschende Ereignis vom Laubhüttenfest in Jerusalem vor. Es wird dort berichtet, dass Jesus am Tempelplatz in Sicht- und Hörweite einer großen Pilgergruppe laut ausrief: „Wer Durst hat, komme zu mir!“ (Johannes 7,37f.) Und zwar genau in dem Moment, als der Hohepriester in alle Himmelsrichtungen Wasser ausschüttete. Mit dieser rituellen Handlung sollte gezeigt werden, dass Kraft, Geist und Leben von Gottes Heiligtum ausgehen.
Als ich also vorlas, sprang die Firmkandidatin trotz ihrer motorischen Behinderung auf und wollte auf mich zustürmen. Immer wieder wiederholte sie: „Wasser, Wasser!“ Ich war überwältigt, weil ich mir dachte, dass wir genau so das Wort Gottes aufnehmen sollten. Innerlich ansprechbar und beweglich.
Ja, wir brauchen Trost, Aufstehkraft und Durchhaltevermögen von Gott – in allen Belangen den Heiligen Geist! Ohne seine belebende Wirkkraft verkommen unsere Gebete zu einer nichtssagenden, trockenen Angelegenheit. Werden kraftlos und lieblos.
Täglich haben wir zu lernen, mit Energie sorgfältiger umzugehen und alternative Energiequellen zu erschließen. Ebenso gewissenhaft müssen wir auf den inneren Energiehaushalt achten – allzu schnell sind Menschen ausgelaugt, ausgepowert oder ausgebrannt.
Streit und Unversöhnlichkeit sind übrigens zwei der stärksten Energiefresser aller Zeiten. Wo und wie auch immer – wir alle brauchen viel Geist, um die alltäglichen Aufgaben zu meistern. Um einander mit Geduld und Versöhnungsbereitschaft zu begegnen.
Durch das Gebet haben wir den besten Zugang zu Gottes Herzensenergie. Wer sie empfängt, wird innerlich aufgebaut, ja „empowert“, um einen heutigen Ausdruck zu verwenden – ermächtigt. Also: „Komm, Heiliger Geist!“ Diese Bitte gehört unbedingt in die Liste der alltäglichen Zwischendurch-Gebete.
Paulus schwärmt im Brief an die Gemeinde in Rom von der überraschenden Wirkkraft des Heiligen Geistes: „Ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, sodass ihr immer noch Furcht haben müsstet, sondern ihr habt den Geist der Kindschaft empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater!“ (Römer 8,15)
Welch eine Zusage! Gott selbst kommt unserem stammelnden Beten zu Hilfe. Wie Kinder dürfen wir uns an ihn wenden, einfach, direkt, ungeniert.
Er ist väterlich und mütterlich um uns besorgt. Seine Art ist es, aufzubauen und zu ermutigen. Allen Schwerkräften unserer Zeit zum Trotz. Unseren schwachen Worten gibt er innere Kraft – er springt ein, wenn wir nicht wissen, „worum wir in rechter Weise beten sollen; der Geist selber tritt jedoch für uns ein mit Seufzen, das wir nicht in Worte fassen können“ (Römer 8,26).
Gottes Geist wird anwaltschaftlich für uns aktiv und baut eine schal gewordene Beziehung zu Gott wieder auf. Die Worte finden sich dann schon – denken wir an die bruchstückhafte Kommunikation am Handy. Ich wundere mich, dass mit Kürzeln und Wortfetzen doch so etwas wie ein Gespräch gelingen kann. Ja, selbst eine kaum verständliche „Message“ erreicht das Herz Gottes. Und das wichtigste: Aus dieser Quelle kommt viel „Energie“ zurück – für alle Herausforderungen in unserer nervösen Zeit.
Nochmals zurück zum speziellen Firmungs-Gottesdienst: Jesus verspricht nicht nur, uns mit dem Frischwasser seines Geistes zu versorgen, sondern dass wir dadurch auch zu Energieversorger:innen füreinander werden. Das mehrfach behinderte Mädchen strahlte mit ihrem ganzen Wesen, als ich fortsetzte: „Wer vom Jesus-Wasser trinkt, wird selbst zum erfrischenden Brunnen.“
Ja, geistvolles Beten verwandelt. Es geht nicht mehr ausschließlich um die Frage, selbst optimal getröstet und gestärkt zu werden, sondern um den Energiehaushalt für eine angespannte, friedlose Gesellschaft.
Füreinander „Durststiller“ sein, wie wir es mit einer erfolgreichen Caritas-Kampagne formuliert haben. Geistvoll betende Menschen schaffen immer eine Veränderung zum Guten – und sind selbst schon diese Veränderung.
Steh auf, der du enttäuscht bist.
Steh auf, der du
keine Hoffnung mehr hast.
Steh auf, der du an die Eintönigkeit
gewöhnt bist und nicht mehr glaubst,
dass man Neues schaffen kann.
Steh auf, denn Gott ist daran,
„alle Dinge neu zu schaffen“!
Steh auf, der du dich
an die Gaben Gottes gewöhnt hast.
Steh auf, der du die Fähigkeit zu
staunen verlernt hast. Steh auf,
der du das Vertrauen verloren hast,
Gott „Vater“ zu nennen.
Steh auf, und beginne wieder
voller Bewunderung
für die Güte Gottes zu sein.
Steh auf, der du leidest. Steh auf,
wenn es dir scheint, dass das Leben
dir viel verweigert hat. Steh auf,
wenn du dich ausgeschlossen,
verlassen, beiseitegeschoben fühlst.
Steh auf, denn Christus hat dir
seine Liebe gezeigt und hält für
dich die Verwirklichung einer
unverhofften Möglichkeit bereit.
Steh auf! Steh auf und geh!
Papst Johannes Paul II. (1920–2005)
© Dicastero per la Comunicazione – Libreria Editrice Vaticana
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