Wort zum Sonntag
Auf der Ikone ist der Besuch der drei Männer bei Abraham und Sara (Gen 18) zu sehen. Im Buch Genesis Kapitel 18 heißt es: „Der Herr erschien Abraham bei den Eichen von Mamre. Abraham saß zur Zeit der Mittagshitze am Zelteingang. Er blickte auf und sah vor sich drei Männer stehen. [...] Er sagte: ‚Mein Herr, wenn ich dein Wohlwollen gefunden habe, geh doch an deinem Knecht nicht vorbei. [...] Ich will einen Bissen Brot holen [...].“
Das Breitformat der Ikone ermöglicht es, zu den himmlischen Gästen auch die Gastgebenden Abraham und Sara in die Szene einzubeziehen. In ihrer dunklen Gewandung heben sie sich vom strahlenden Hellrot der Engel ab. Der Tisch ist reich bedeckt mit Speisen aller Art. Die Architektur links und rechts lässt eine Raumweite entstehen, die der Ikone einen besonderen Reiz verleiht.
Dass es sich hierbei um eine Erscheinung der Dreifaltigkeit gehandelt habe, ist schon früh Gemeingut der christlichen Bibelauslegung gewesen. In der ostkirchlichen Bildtradition wurde sie zur bevorzugten Darstellungsweise. Man hat deshalb die drei jungen Männer mit Heiligenscheinen ausgezeichnet, um ihre himmlische Herkunft anzudeuten. Etwas später dazu auch mit Flügeln, um sie als von Gott bevollmächtigte Gesandte zu kennzeichnen.
Die in ihrer fast schon familiären Intimität anrührende Szene wurde „Gastfreundschaft“ (griechisch „philoxenia“) genannt. Eine Gastfreundschaft, die nicht nur Abraham den drei himmlischen Botschaftern oder Engeln anbot, sondern zu der umgekehrt auch diese Abraham und Sara und mit ihnen alle Menschen einluden. So wurde das Geschehen auf das eucharistische Mahl hin gedeutet. Der Tisch der Gastfreundschaft wurde zum eucharistischen Tisch, zum Altar.
Das Geheimnis der Dreifaltigkeit wird zu einem „schweigenden Gespräch“ der drei göttlichen Personen über ihren Heilsratschluss, der sich in der Hingabe Christi am Kreuz vollenden wird. Die Betrachtenden der Ikone werden zugleich zu Teilhabenden dieses „Trialogs“.
Adolf Trawöger, Bischofsvikar und Rektor des Bildungshauses Schloss Puchberg, beschäftigt sich mit der Theologie der Ikonen und „schreibt“ auch selbst Ikonen.
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Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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