Wort zum Sonntag
Paris im Jahr 1886. Ein junger Mann ist immer wieder in den verschiedenen Kirchen der Stadt anzutreffen, mit einem merkwürdigen Gebet auf den Lippen: „Mein Gott, wenn es dich gibt, dann lass mich dich erkennen!”
Dieser junge Mann, Charles de Foucauld, stammte aus adeligem Hause und war nach dem frühen Tod seiner Eltern in einem religiös gleichgültigen Milieu aufgewachsen. Er wählte die militärische Laufbahn und entwickelte sich zugleich zu einem Lebemann, der sich in vielerlei Vergnügen stürzte. All dies füllte ihn nicht wirklich aus, so dass er oft eine innere Leere verspürte.
Nach einem Militäreinsatz in der algerischen Wüste, die damals dem französischen Kolonialreich einverleibt wurde, lockte ihn ein neues Abenteuer: Er unternahm eine lebensgefährliche Forschungsreise durch Marokko und erhielt dafür in Paris eine hohe Auszeichnung. Äußerlich war er ein bekannter und gefeierter Forscher, innerlich aber war er aufgewühlt und voller Fragen. Vor allem der Anblick der betenden Moslems hatte einen tiefen Eindruck bei Charles de Foucauld hinterlassen, und er begab sich auf eine neue abenteuerliche Reise: auf die Suche nach Gott.
In einer Kirche wollte er mit einem Priester diskutieren. Dieser aber hatte hellsichtig erkannt, dass für Charles de Foucauld jetzt keine intellektuelle Auseinandersetzung, sondern eine existentielle Entscheidung anstand. Die Aufforderung zu beichten und sein Leben somit in Gottes Hand zu legen, brachte die Wende. Charles war von dieser Erfahrung tief bewegt und fand zum Glauben an Gott. Und weil er immer aufs Ganze ging, wollte er nun auch ganz für Gott leben. So wählte er einen strengen Orden und ein armes Kloster.
Doch bald waren ihm selbst die Trappisten nicht streng und das Kloster in Syrien nicht arm genug. Schließlich kehrte er in die Sahara zurück, wo er viele Jahre als Mönch und Missionar, als Bruder der Benachteiligten und schließlich als Freund eines Beduinenstammes lebte. In den Wirren des 1. Weltkriegs kam es auch im Süden der Sahara zu Unruhen, bei denen Charles de Foucauld durch aufgehetzte Beduinen erschossen wurde.
Faszinierend an diesem Mann ist seine große Sehnsucht nach Leben und Erfüllung, die er zunächst in Konsum und Karriere suchte. Die Ahnung, dass es noch mehr als alles geben muss, machte ihn sensibel für die Botschaft der Religion: Dass allein Gott genügt. Charles war ein Mann mit vielen Ideen und Projekten. Doch das konkrete Leben führte ihn oft ungeahnte Wege. Und genau darin konnte Charles Gottes Nähe erfahren: Es war das Vertrauen ins Leben und die Bereitschaft, sich auf Menschen und Situationen immer neu einzulassen, die ihn Gottes Gegenwart spüren ließen. «
Heiligsprechung am 15. Mai
Teil 1 von 4
mit Andreas Knapp
Priester, kleiner Bruder vom evangelium, Dichter, Autor
Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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