Katharina Schindelegger (33) ist Theologin und Journalistin. Sie ist in den Pfarren Ober Sankt Veit und Unter Sankt Veit – Zum Guten Hirten (Wien 13) als Pastoralassistentin tätig.
Windhauch, Windhauch, sagte Kohélet, Windhauch, Windhauch, das ist alles Windhauch. Denn es kommt vor, dass ein Mensch, dessen Besitz durch Wissen, Können und Erfolg erworben wurde, ihn einem andern, der sich nicht dafür angestrengt hat, als dessen Anteil überlassen muss. Auch das ist Windhauch und etwas Schlimmes, das häufig vorkommt.
Was erhält der Mensch dann durch seinen ganzen Besitz und durch das Gespinst seines Geistes, für die er sich unter der Sonne anstrengt? Alle Tage besteht sein Geschäft nur aus Sorge und Ärger und selbst in der Nacht kommt sein Geist nicht zur Ruhe. Auch das ist Windhauch.
Schwestern und Brüder! Seid ihr nun mit Christus auferweckt, so strebt nach dem, was oben ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt! Richtet euren Sinn auf das, was oben ist, nicht auf das Irdische! Denn ihr seid gestorben und euer Leben ist mit Christus verborgen in Gott.
Wenn Christus, unser Leben, offenbar wird, dann werdet auch ihr mit ihm offenbar werden in Herrlichkeit. Darum tötet, was irdisch an euch ist: Unzucht, Unreinheit, Leidenschaft, böse Begierde und die Habsucht, die Götzendienst ist! Belügt einander nicht; denn ihr habt den alten Menschen mit seinen Taten abgelegt und habt den neuen Menschen angezogen, der nach dem Bild seines Schöpfers erneuert wird, um ihn zu erkennen. Da gibt es dann nicht mehr Griechen und Juden, Beschnittene und Unbeschnittene, Barbaren, Skythen, Sklaven, Freie, sondern Christus ist alles und in allen.
In jener Zeit bat einer aus der Volksmenge Jesus: Meister, sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen! Er erwiderte ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbteiler bei euch eingesetzt? Dann sagte er zu den Leuten: Gebt Acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier! Denn das Leben eines Menschen besteht nicht darin, dass einer im Überfluss seines Besitzes lebt.
Und er erzählte ihnen folgendes Gleichnis: Auf den Feldern eines reichen Mannes stand eine gute Ernte. Da überlegte er bei sich selbst: Was soll ich tun? Ich habe keinen Platz, wo ich meine Ernte unterbringen könnte. Schließlich sagte er: So will ich es machen: Ich werde meine Scheunen abreißen und größere bauen; dort werde ich mein ganzes Getreide und meine Vorräte unterbringen.
Dann werde ich zu meiner Seele sagen: Seele, nun hast du einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Ruh dich aus, iss und trink und freue dich! Da sprach Gott zu ihm: Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wird dann das gehören, was du angehäuft hast? So geht es einem, der nur für sich selbst Schätze sammelt, aber bei Gott nicht reich ist.
Zum Staub zurückkehren lässt du den Menschen,
du sprichst: Ihr Menschenkinder, kehrt zurück!
Denn tausend Jahre sind in deinen Augen wie der Tag,
der gestern vergangen ist,
wie eine Wache in der Nacht.
Du raffst sie dahin, sie werden wie Schlafende.
Sie gleichen dem Gras, das am Morgen wächst:
Am Morgen blüht es auf und wächst empor,
am Abend wird es welk und verdorrt.
Unsere Tage zu zählen, lehre uns!
Dann gewinnen wir ein weises Herz.
Kehre doch um, Herr! – Wie lange noch?
Um deiner Knechte willen lass es dich reuen!
Sättige uns am Morgen mit deiner Huld!
Dann wollen wir jubeln und uns freuen all unsre Tage.
Güte und Schönheit des Herrn, unseres Gottes,
sei über uns!
Lass gedeihen das Werk unsrer Hände,
ja, das Werk unsrer Hände lass gedeihen!
Leistung, Sicherheit, Erfolg – Worte, die unser Sein, unsere Gesellschaft zutiefst prägen. Über die Jahrhunderte hat man sich in unseren Breiten ein dichtes Netz an Schutzmechanismen, Auffangnetzen und schlicht gesprochen Versorgung aufgebaut. Dies können wir zu Recht als einen großen Erfolg betrachten. Auch persönlich ist der Wunsch, nach vorne zu kommen, groß. So wird uns von Kindesbeinen an der Drang nach einem geregelten, nach einem gesicherten Leben eingeimpft. Auch dies ist etwas, was nicht zu verurteilen ist.
Wir gehen durch die Welt und erreichen das eine und andere, fallen wieder und kommen wieder nach vorne. Oft ist es so, wenn wir das eine erreicht haben, dann blicken wir schon auf das Nächste und das Übernächste. Wir kommen nicht an, da wir weiterwachsen möchten. Wie schwer fällt es uns, das, was wir haben, zu genießen? Einen Moment im Hier und Jetzt zu sein, einfach da zu sein. Sich zu erfreuen an dem, was bereits vorhanden ist.
Oft erkennen wir erst im Verlust, wie reich beschenkt wir bereits waren. Wir wissen nicht, was die nächste Stunde, der nächste Tag, der nächste Monat und so weiter bringen wird. Vielleicht geht alles seinen gewohnten Verlauf, vielleicht kommen aber auch große Herausforderungen auf uns zu, in denen wir uns wünschen würden, genau in dem Moment, den wir hatten, zu stehen.
Und wenn wir auf das Evangelium des letzten Sonntags blicken, in Zusammenschau mit dem Evangelium dieses Sonntags, dann müssen wir immer bedenken, bei allem Streben, da ist jemand über uns, der uns übersteigt: Gott, der uns und alles hält, an den wir glauben und den wir bitten. Von dem alles kommt und zu dem alles zurückkehrt. Im Vergleich zu dem alles irdische Streben nur eines ist: „Windhauch“.
Katharina Schindelegger (33) ist Theologin und Journalistin. Sie ist in den Pfarren Ober Sankt Veit und Unter Sankt Veit – Zum Guten Hirten (Wien 13) als Pastoralassistentin tätig.