Dr. Mira Stare ist Bibelwissenschaftlerin an der Kath.-Theol. Fakultät Innsbruck und Pfarrkuratorin in der Diözese Innsbruck.
In jenen Tagen ging Náaman, der Syrer, zum Jordan hinab und tauchte siebenmal unter, wie ihm der Gottesmann Elischa
befohlen hatte. Da wurde sein Leib gesund wie der Leib eines Kindes und er war rein von seinem Aussatz. Nun kehrte er mit seinem ganzen Gefolge zum Gottesmann zurück, trat vor ihn hin und sagte: Jetzt weiß ich, dass es nirgends auf der Erde einen Gott gibt außer in Israel. So nimm jetzt von deinem Knecht ein Dankgeschenk an! Elíscha antwortete: So wahr der Herr lebt, in dessen Dienst ich stehe: Ich nehme nichts an. Auch als Náaman ihn dringend bat, es zu nehmen, lehnte er ab. Darauf sagte Náaman: Wenn es also nicht sein kann, dann gebe man deinem Knecht so viel Erde, wie zwei Maultiere tragen können; denn dein Knecht wird keinem andern Gott mehr Brand- und Schlachtopfer darbringen als dem Herrn allein.
Denke an Jesus Christus, auferweckt von den Toten, aus Davids Geschlecht, gemäß meinem Evangelium, um dessentwillen ich leide bis hin zu den Fesseln wie ein Verbrecher; aber das Wort Gottes ist nicht gefesselt. Deshalb erdulde ich alles um der Auserwählten willen, damit auch sie das Heil in Christus Jesus erlangen mit ewiger Herrlichkeit. Das Wort ist glaubwürdig: Wenn wir nämlich mit Christus gestorben sind, werden wir auch mit ihm leben; wenn wir standhaft bleiben, werden wir auch mit ihm herrschen; wenn wir ihn verleugnen, wird auch er uns verleugnen. Wenn wir untreu sind,
bleibt er doch treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen.
Es geschah auf dem Weg nach Jerusalem: Jesus zog durch das Grenzgebiet von Samárien und Galiläa. Als er in ein Dorf hineingehen wollte, kamen ihm zehn Aussätzige entgegen. Sie blieben in der Ferne stehen und riefen: Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns! Als er sie sah, sagte er zu ihnen: Geht, zeigt euch den Priestern! Und es geschah: Während sie hingingen, wurden sie rein. Einer von ihnen aber kehrte um, als er sah, dass er geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme. Er warf sich vor den Füßen Jesu auf das Angesicht und dankte ihm. Dieser Mann war ein Samaríter. Da sagte Jesus: Sind nicht zehn rein geworden? Wo sind die neun? Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden? Und er sagte zu ihm: Steh auf und geh! Dein Glaube hat dich gerettet.
Singet dem Herrn ein neues Lied,
denn er hat wunderbare Taten vollbracht!
Geholfen hat ihm seine Rechte
und sein heiliger Arm.
Der Herr hat sein Heil bekannt gemacht
und sein gerechtes Wirken enthüllt vor den Augen der Völker.
Er gedachte seiner Huld
und seiner Treue zum Hause Israel.
Alle Enden der Erde
sahen das Heil unsres Gottes.
Jauchzet dem Herrn, alle Lande,
freut euch, jubelt und singt!
Die Szene aus der heutigen zweiten Lesung ist einprägsam: Paulus ruft den Gemeindeleiter Timótheus auf, an Jesus Christus, den Auferstandenen, zu denken. Dabei befindet sich Paulus im Gefängnis. Er unterstreicht, dass er um Jesu Christi und seines Evangeliums willen im Gefängnis ist. Er leidet um dessentwillen bis hin zu den Fesseln. Obwohl er wie ein Verbrecher gefesselt ist, bleibt das Wort Gottes nicht gefesselt. Das Wort Gottes lässt sich nicht fesseln. Es ist und bleibt glaubwürdig.
Hier stellt sich die Frage auch an uns: Wie weit sind wir bereit Jesus Christus nachzufolgen? Nur solange die Nachfolge bequem ist oder auch in Situationen, die uns mit Verzicht und Leid und sogar mit Freiheitsberaubung um Christi willen treffen? Sind wir bereit im Blick auf Jesus unsere Zone der Bequemlichkeit zu verlassen?
Der Blick wird jedoch vom gefesselten Apostel im Namen Christi stark zum nicht gefesselten Wort Gottes gelenkt. Hier wird die Größe des Wortes Gottes sichtbar. Es lässt sich nicht fesseln. Es bleibt frei und kann auch einen Gefesselten zur inneren Freiheit führen. Man kann auch in der Nachfolge Jesu in schwere Situationen kommen, die nach außen ausweglos erscheinen – wie mit Ketten gefesselt.
Dennoch gibt es ausgerechnet in solchen Situationen einen Ausweg: Das Wort Gottes, das sich nicht fesseln lässt, eröffnet uns den Weg und schenkt uns die Freiheit. Diese Freiheit ist in Tod und Auferstehung Jesu für immer begründet.
Dr. Mira Stare ist Bibelwissenschaftlerin an der Kath.-Theol. Fakultät Innsbruck und Pfarrkuratorin in der Diözese Innsbruck.