Bisweilen gehen Menschen mit ihresgleichen um, als wären sie Erdäpfel. Ein Leitartikel von Matthäus Fellinger.
Ausgabe: 2014/19
06.05.2014
Unansehnlich sind sie geworden, die alten Erdäpfel aus dem Keller, schrumpelig, und die weißen Triebe schießen hervor. Aber es gibt ja schon frische, zwar nicht vom eigenen Acker, aber doch aus dem Geschäft. Da ist man schon drinnen in der Frage, die Menschen oft sehr zu schaffen macht. Wie man es hält im Umgang mit Alt und Neu. Menschen, angeblich besonders die Männer, tun sich schwer im Schritthalten mit dem Altern. Der Reiz des Neuen lässt das Gewohnte alt aussehen – und unansehnlich. Bisweilen gehen Menschen mit ihresgleichen um, als wären sie Erdäpfel. Die knackige Frische hält nicht lange, und ob man will oder nicht, es gilt, mit den Schrullen und Falten des Alterns zurechtzukommen. Es scheint, als hätten Menschen es verlernt, Dinge an ihr Ende kommen zu lassen oder sie in ihrem Wert bis an ihr Ende wahrzunehmen – und auszukosten. Es gibt Aromen und Inhaltsstoffe, die erst in später Zeit zum Tragen kommen. Und ein wenig sollten Menschen, die sich ständig nur mit Neuem und mit Neuen umgeben, daran denken, wie es denn umgekehrt Anderen mit ihnen geht. Es könnte schon sein, dass sie gerade mit dieser Sucht nach Neuem ziemlich unausstehlich geworden sind.