Auch auf ihrer religiösen Suche bleiben Menschen lieber auf dem Erkundigungsweg, als dass sie sich festlegen – aus Angst, sie gerieten in eine Sackgasse. Ein Leitartikel von Matthäus Fellinger.
Ausgabe: 2014/21, Sackgasse
20.05.2014
Lieber nicht, denkt der Autofahrer und nimmt doch die andere Richtung. Wer eine Gegend erkunden will, meidet die Sackgasse. Von hier aus kommt man nicht weiter, hier endet der Weg. Diebe, habe ich gehört, meiden Sackgassen, an denen die Flucht nur nach einer Richtung hin möglich ist. Sie wären zu gefährlich für sie. Im Grund haben die Vorbehalte Sackgassen gegenüber mit der Angst, sich festzulegen, zu tun. Man entscheidet sich mit Vorbehalt, aber es sollen doch all die anderen Möglichkeiten offen bleiben – möglichst lange und nach allen Richtungen hin. Ein wenig ist es die Angst vor dem Ende, davor, dass nichts mehr offen steht, die mitschwingt. Übertragen auf das Leben ist es die Angst vor einem endgültigen Schritt. Da geht es um die Entscheidung für einen Beruf, besonders aber um das unbedingte Ja zu einem anderen Menschen. Auch auf ihrer religiösen Suche bleiben Menschen lieber auf dem Erkundigungsweg, als dass sie sich festlegen – aus Angst, sie gerieten in eine Sackgasse. Dabei ereignen sich die tiefsten Lebenswunder gerade dort, wo Menschen einander – und/oder auch Gott – trauen ohne Vorbehalt. Da sagen sie nicht: Du bist meine Sackgasse. Da sind sie daheim.