Pfarrassistent Josef Rathmaier hat sich in seiner Pfarre an das Thema Homosexualität herangewagt. Via Pfarrbrief ruft er Betroffenen zu: „Du bist okay!“ Die Reaktionen darauf sind in Pabneukirchen durchwegs positiv.
Der Fall eines lesbischen Pärchens, das in Pabneukirchen zusammenzog und für Gesprächsstoff im Ort sorgte, gab für den Pfarrassistenten von Pabneukirchen den Ausschlag, öffentlich Stellung zu nehmen. Im Pfarrbrief vom Sommer steht zu lesen: „Ich will den Betroffenen zurufen: Du bist o.k. und denjenigen, die sich noch kaum mit diesem Thema befasst haben, den Horizont erweitern.“ Die Reaktionen in der Pfarre auf den Artikel sind durchwegs positiv. „Viele Menschen haben sich dafür bedankt“, sagt Josef Rathmaier.
Stimme der Kirche hat Gewicht
„Was die katholische Kirche denkt, das hat noch immer Gewicht“, sagt Rathmaier im Gespräch mit der KirchenZeitung. Nicht zuletzt will er mit seiner Positionierung den betroffenen Menschen und Angehörigen mögliche Schuldgefühle nehmen. Deren Probleme kennt er nicht bloß vom Hörensagen. Mehrere Menschen aus der Pfarre haben Rathmaier in der jüngeren Vergangenheit anvertraut, dass sie homosexuell sind. Wenn man davon ausgehe, dass etwa fünf Prozent der Bevölkerung dem eigenen Geschlecht zugetan sind, dann könne man in Pabneukirchen von etwa 80 schwulen Männern und lesbischen Frauen ausgehen, zieht Josef Rathmaier seine Schlüsse. Homosexuelle dürfen in der katholischen Kirche nicht diskriminiert werden, betont er. Selbst die vatikanische Kongregation für Glaubenslehre erkenne an, dass man es sich nicht aussuchen könne, homosexuell zu sein. „Also sogar die oberste kirchliche Stelle steht zu diesen Personen und ihren Neigungen“, schreibt Rathmaier im Pfarrbrief. Er hofft jedoch, dass die katholische Kirche noch weitere Schritte der Toleranz geht und die Position überdenkt, dass Schwule und Lesbische keinen Sex haben dürfen: „Jeder Mensch hat die Sehnsucht, ganzheitlich lieben zu können, nicht nur platonisch.“ Was sagt Rathmaier aber zu den Bibelpassagen, die Homosexualität als sündhaft bezeichnen? „Ja, es gibt Stellen, in denen homosexuelles Verhalten verurteilt wird. Diese gehen aber davon aus, dass es sich um ein missbräuchliches Verhalten an sich heterosexueller Männer handelt. Noch dazu wusste man in der Zeit, als die biblischen Texte entstanden, vieles noch nicht über Homosexualität“, sagt er gegenüber der KirchenZeitung.
Verantwortung
Josef Rathmaier wagt sich an das Thema, weil er seine Verantwortung als Seelsorger wahrnehmen will. Er habe vor zwanzig Jahren auch noch anders über Homosexuelle gedacht, gibt er zu. Doch er habe sich informiert. In der medizinischen und psychotherapeutischen Fachwelt sei klar, dass Homosexualität keine Krankheit oder Perversion sei. „Und die Berührung mit den Menschen verändert das Denken. Ich sehe immer den Menschen, die konkrete Lebenssituation.“ Er glaubt, dass Erlässe in der Kirche manchmal anders ausfallen würden, wenn sich die Entscheidungsträger wie Jesus von den Nöten der Menschen berühren ließen.
Stichwort
Homosexualität und katholische Kirche
Was sagt der Katechismus, in dem die Lehre der katholischen Kirche zusammengefasst ist, über Homosexualität? „Eine nicht geringe Anzahl von Männern und Frauen sind homosexuell veranlagt. Sie haben diese Veranlagung nicht selbst gewählt. (...) Man hüte sich, sie in irgendeiner Weise ungerecht zurückzusetzen.“ Und weiter: „Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit gerufen.“ Die vatikanische Kongregation für Glaubenslehre betont 1986 in einem Dokument, dass „die spezifische Neigung der homosexuellen Person zwar in sich nicht sündhaft ist, aber eine (... ) Tendenz begründet, die auf ein sittlich betrachtet schlechtes Verhalten ausgerichtet ist.“
Aktuelle Debatte
Bei der jüngsten Synode in Rom schaffte es eine Passage über Homosexuelle knapp nicht in die Abschlusserklärung. Dafür, dass gleichgeschlechtliche Beziehungen zwar nicht mit der Ehe von Mann und Frau gleichgesetzt werden dürften, homosexuellen Menschen aber mit „Respekt und Taktgefühl“ begegnet werden müsse, hätten zwei Drittel der 180 Synodenteilnehmer stimmen müssen. Am Ende waren es mit 118 zwei zu wenig.